Dort, auf dem "Great Kills"-Gelände in Staten Island, wartet auf die Helfer der Horrorjob schlechthin: Sie durchforsten jedes Kilogramm Schutt mit bloßen Händen. Dort werden die Toten gezählt, die Gliedmaßen sortiert.
Die Zahl der Vermissten liegt bei etwa 5.000. Seit vorigem Mittwoch (12.09.01) gab es kein Lebenszeichen mehr unter den Trümmern von Ground Zero. Doch New Yorks Oberbürgermeister Rudolph Guiliani gibt die Hoffnung auf weitere Überlebende nicht auf. Bei Erdbeben seien Menschen noch nach zwölf Tagen lebend geborgen worden, sagt "Rudy the Rock".
Überlebenschance bei drei Prozent
Frontmänner wie der Rettungsexperte Sam Lubi sind da realistischer. Die Überlebenschancen liegen seiner Einschätzung nach bei "allenfalls drei Prozent - wenn überhaupt." Erschwerend kommt hinzu, dass Handy-Akkus und Pager nach einer Woche leer sind. Die anfangs Geborgenen konnten sich noch fast alle per Handy mit den Rettungstrupps in Verbindung setzen. Dafür ist mittlerweile zu viel Zeit verstrichen.
2.000 Hilfskräfte, oft noch viel mehr, sind 24 Stunden am Tag mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Es sind Polizisten, Feuerwehrleute, technisches Hilfspersonal. Sie arbeiten in 15-Stunden-Schichten, oft bis zur körperlichen Erschöpfung. Weil die gefährlichen Bergungsarbeiten aber einen wachen Geist erfordern, sind die Schichtführer angewiesen worden, bei den Hilfstrupps auf Arbeitspausen zu bestehen. "Das ist einfacher gesagt als getan", sagt der Feuerwehrkommandant Rick Burmeister: "Die meisten Jungs würden am liebsten 24 Stunden durcharbeiten."
Fahrzeuge flogen durch die Luft
Die Räumarbeiten erfordern Kraft, Geduld und gute Nerven. Immer wieder kommt es in dem etwa fünfstöckigen Trümmerhaufen zu Explosionen. In den Tiefgaragen des World Trade Centers waren zum Zeitpunkt des Terroranschlags Hunderte von Fahrzeugen geparkt, vielleicht sogar über tausend. Sie wurden durch die enorme Hitze und explodierende Tanks in die Luft geschleudert. Dann kamen die Trümmer und begruben die Autos unter sich. Keines der Fahrzeuge sei mehr zu erkennen, sagte mir ein Feuerwehrmann, nicht ein einziges. Zusammen mit den geschmolzenen Stahlträgern, dem Kabelsalat, den verbogenen Rohren, den zersplitterten Glasfassaden und dem Löschschaum der Feuerwehr sieht der Schutthaufen am Ground Zero aus wie eine Riesenportion grauschwarzer Linguini mit Sauce.
Plünderer mit Feuerwehruniform verkleidet
Die gute Nachricht ist: Die Räumtrupps kommen in einem ordentlichen Tempo voran. In technischer Hinsicht seien die Arbeiten unter Kontrolle, sagt der Einsatzleiter Thomas von Essen. Es fehle weder an Leuten, noch an Gerätschaften. Und gleich gar nicht am guten Willen der freiwilligen Helfer. Die schlechte Nachricht: Hoffnung auf Überlebende gibt es kaum mehr. Und: Die Plünderer sind da! Mittendrin bei den Räumungsarbeiten nahm die Polizei den 22-jährigen Felix Estella aus Manhattan fest. Der Mann hatte sich eine Feuerwehruniform besorgt und sich als Helfer ausgegeben. Sein Job: Er sollte Wertsachen verschwinden lassen. Eine Diebesbande hatte ihn eigens dafür angeheuert.