Nicht erst seit dem Erdbeben in Haiti ist offenbar, dass Deutschland zu den spendefreudigen Nationen gehört. 2,9 Millionen Euro hat das Deutsche Rote Kreuz innerhalb der ersten Woche nach dem Beben in Japan bereits gesammelt (Stand Freitag, 18.03.2011). "Es ist eine unglaubliche Solidarität zu beobachten", sagt auch Maria Rüther, Sprecherin der Bonner 'Aktion Deutschland hilft', einem Zusammenschluss mehrerer Hilfsorganisationen - darunter der Malteser-Hilfsdienst, Care oder 'Help - Hilfe zur Selbsthilfe'. Fünf dieser Verbände haben Mitarbeiter vor Ort in Japan, die jetzt versuchen, zu helfen.
Seit vergangenem Samstag (12.03.2011) ruft Aktion Deutschland hilft zu Spenden für Japan auf. "Anfragen, ob und wie gespendet werden kann, kamen sogar schon unmittelbar nach dem Erdbeben", berichtet Rüther. Inzwischen meldeten sich täglich auch Unternehmen und Schulen, die Sammelaktionen gestartet haben und größere Beträge überweisen möchten. Fragen danach, ob Japan wirklich finanzielle Hilfe braucht, höre sie so gut wie gar nicht.
"Jeden Schritt gut koordinieren"
"Natürlich ist Japan ein hervorragend organisiertes Land, die Soforthilfe funktioniert dort sehr gut", erklärt sie. Die Lage in den Evakuierungszentren der sieben betroffenen Präfekturen sei geregelt, Hilfsorganisationen würden nur mit behördlicher Genehmigung und Zertifikation dorthin vorgelassen. 113 Länder hätten Japan Hilfsangebote gemacht, von denen das Land bisher 14 angenommen habe, darunter solche aus Deutschland. "Das heißt aber nicht, dass Japan keine Hilfe gebrauchen kann", sagt Rüther, "es zeigt nur, dass man sich dort bemüht, jeden Schritt gezielt und gut koordiniert zu machen".
Geld für Wasser, Nahrung und Decken
Von Samstag (12.03.2011) bis Donnerstag (17.03.2011) seien bei Aktion Deutschland hilft rund 750.000 Euro an Spenden eingegangen, sagt die Sprecherin. Das Geld werde an die Mitgliedsorganisationen verteilt und von dort direkt an die Partnerorganisationen in Japan überwiesen. Verwendet würden die Spenden zurzeit für Wasser, Nahrungsmittel und vor allem Decken, die den Menschen in den Evakuierungszentren fehlen, wo durch die Stromausfälle bei winterlichen Außentemperaturen allerorten Kälte herrscht. "Anders als beispielsweise Haiti oder Pakistan ist Japan nicht wirklich auf diese Spendengelder angewiesen", räumt Rüther ein, "es geht hier vielmehr um Hilfe von Zivilgesellschaft zu Zivilgesellschaft, um eine Solidaritätsbekundung". Offen lassen will sie auch, wie die Lage sich verändern könnte, wenn die nukleare Bedrohung durch die geborstenen Atomreaktoren eskalieren sollte. "Das wäre dann eine neue Situation."
Caritas kümmert sich um sozial Schwache
Auch in Japan gebe es durchaus viele Menschen, die "auch schon vor dem Erdbeben durch das soziale Netz fielen" und die jetzt doppelte Not litten, sagt Achim Reinke von Caritas International - vor allem alte Menschen, Obdachlose oder Behinderte. Bundesweit, auch in NRW, ruft die Caritas daher ebenfalls zu Spenden auf. Zwischen 100 und 200.000 Euro seien bisher eingegangen - "etwa soviel wie bei der Flut in Pakistan im selben Zeitraum", sagt Reinke. Das Geld gehe direkt an die Caritas Japan, die ihre Hilfsbemühungen besonders auf die Menschen am gesellschaftlichen Rand konzentriere. "Wir versuchen, den Einsatz des japanischen Staatsschutzes punktuell zu ergänzen." Später sei dann Hilfe beim Wiederaufbau geplant, vor allem bei Gemeindezentren, Suppenküchen oder Obdachlosenheimen. 10.000 Euro aus einem Nothilfe-Fonds hat auch der Malteser-Hilfsdienst nach Japan geschickt, um dort einem zerstörten Kinderheim zu helfen.
Vereine meiden, die mit Emotionen werben
Was es bei Spenden an Japan zu bedenken gibt, erklärt das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) auf seiner Homepage. Das DZI vergibt Gütesiegel für die Glaubwürdigkeit von Spendenorganisationen. Organsiationen, die jetzt zum Spenden aufrufen, sollten darlegen können, dass sie gute Kontakte nach Japan haben, mit denen sie zusammen arbeiten können, erklärt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. "Vereinen zu spenden, die vor allem mit Emotionen werben, ist nicht sinnvoll." Zurzeit würden die japanischen Hilfsorgansiationen noch über genügend Personal für ihre Einsätze in den Katastrophengebieten verfügen. Später könnte durchaus Hilfe aus dem Ausland gebraucht werden: Mit Wasseraufbereitungsanlagen beispielsweise, mit speziellen Ärzten oder sonstiger Beratung.
Nach der Oderflut wurde auch gespendet
Dass auch ein wohlhabendes Land solche Hilfe gebrauchen kann, sagt Wilke, habe die Oderflut in Deutschland im Jahr 2002 gezeigt: Die 350 Millionen Euro Spenden, die damals eingingen, seien größtenteils sinnvoll zum Einsatz gekommen. "Selbst in einem reichen Land gibt es Raum und Bedarf für solches Geld." Dennoch müssten sich jetzt alle Hilfsorganisationen selber fragen, ob ein Spendeneinsatz für Japan der eigenen Satzung entspricht. So erkläre beispielsweise die Bonner Welthungerhilfe auf ihrer Internetseite, dass sie in Japan keinerlei Strukturen oder Partner habe und daher dort keine sinnvolle Hilfe leisten könne. "Das ist die richtige Offenheit", lobt Wilke. Auch anderer größere Spendenorgansiation würden aus diesem Grund nicht zu Spenden für Japan aufrufen.