320 Deilmann-Haniel-Kumpel stehen kurz vor dem Jobverlust. Anders als bei vielen tausend Bergleuten der Zechen-Betreiberin Deutsche Steinkohle AG (DSK) konnte für sie bislang noch kein sozialverträglicher Ausstieg ausgehandelt werden. Die anderen 300 Kumpel sind bereits in einer Transfergesellschaft untergekommen, die allerdings zum Jahresende ausläuft.
Deilmann-Haniel ist ein Traditionsunternehmen. 1888 gegründet, ist es darauf spezialisiert, Schächte zu graben und unter Tage Zugangswege zu den Kohlelagerstätten anzulegen. Die DSK, Tochter des Ruhrkohle-Nachfolgeunternehmens Evonik, ist schon lange der einzige Auftraggeber. In den vergangenen Jahren machte vor allem Billigkonkurrenz aus Osteuropa den Dortmundern schwer zu schaffen. Massiver Arbeitsplatzabbau und Lohnverzicht für die übrigen Beschäftigten waren die Folge.
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Doch nichts half, Mitte April 2007 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Eine Fortführung mit kleiner Mannschaft war geplant, doch zu wenig Aufträge für 2008 bedeuteten schließlich das Aus zum Jahresende - sollte es nicht doch eine andere Lösung geben.
Hoffnung auf neue Transfergesellschaften
Der Betriebsratsvorsitzende Peter Herzmann und sein Stellvertreter Uwe Alex haben die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, doch noch möglichst viele Bergleute und Verwaltungsmitarbeiter vor der Arbeitslosigkeit zu retten. Es gebe Gespräche zwischen dem Land, Gewerkschaft IG BCE und den beteiligten Unternehmen etwa über eine Verlängerung der Transfergesellschaft, in der Weiter- und Fortbildungen angeboten werden. Ein "zartes Pflänzchen" wachse da vielleicht heran, sagt Herzmann. "Wir müssen Zeit gewinnen." Am besten wäre es, wenn die 620 Beschäftigen noch bis 2012 weiterarbeiten könnten. Dann könnten noch rund 400 von ihnen in die sogenannte Anpassung gehen und eine Art vorgezogene Rente erhalten. "Im Schnitt sind das 900 bis 1.000 Euro", erklärt Alex. Danach gibt es Geld von der Knappschaft, dann mit 60 Jahren das reguläre Altersruhegeld.
Die Ministerien für Wirtschaft und Arbeit in Düsseldorf bestätigen die Gespräche. "Man versucht, weitere Transfergesellschaften zu gründen", sagt der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Joachim Neuser. Außerdem gebe es Überlegungen, Deilmann-Haniel-Beschäftigte bei anderen Schachtbauunternehmen unterzubringen. Nähere Angaben macht er dazu nicht. Auch bei der IG BCE Westfalen ist man zurückhaltend. "Wir sind auf gutem Wege", meint Landesbezirksleiter Kurt Hay in Bochum.
"Die Angst steckt tief drin"
Aufgeben will auch der Aufsichtshauer und Sprengmeister Jürgen Pfahlberg aus Lünen bei Dortmund nicht. Der 47-Jährige ist Bergmann, seit er 16 war, nur unterbrochen durch den Wehrdienst. "Ich will arbeiten und meine Familie ernähren und nicht betteln müssen, dass ich Hartz IV bekomme", sagt er trotzig. Wird er arbeitslos, sieht er auf dem Arbeitsmarkt wegen seines Alters und bergbaubedingter, gesundheitlicher Probleme keine Chance. Die Situation bedrückt ihn. "Die Angst steckt so tief drin, man hat das Gefühl, man dreht bald durch. Man kriegt den Kopf einfach nicht mehr frei. Die Nerven liegen blank." Zum Glück habe er eine tapfere Frau. "Sie steht voll hinter mir." Bei vielen Kollegen seien dagegen die Ehen bereits kaputt oder stünden auf der Kippe.
Wie Pfahlberg geht es vielen. Täglich werden Herzmann, Alex und ihre Kollegen im Betriebsratsbüro mit Nachfragen bombardiert, wie es denn nun weitergehe oder ob es etwas Neues gebe. "Die Krise dauert nun schon zweieinhalb Jahre", sagt Herzmann. Das sei für die Familien belastend. Und die Belegschaft insgesamt? "Der Großteil malocht genau wie vorher - in der Hoffnung, irgendwo einen Weg zu finden. Die Bergleute hoffen auf das Wort der Kanzlerin: Kein Bergmann fällt ins Bergfreie."