Interview mit dem Bochumer Stadtkämmerer

Städte kriegen die Krise

Stand: 14.05.2009, 19:15 Uhr

Laut Steuerschätzung wird der Staat bis 2012 knapp 320 Milliarden weniger einnehmen. Betroffen sind auch die Gemeinden. Die Folge für Bochum: "Katastrophal" - so der Stadtkämmerer Manfred Busch.

Von Christoph Schurian

WDR.de: Laut Prognose werden die Steuereinnahmen kräftig sinken. Haben Sie dann überhaupt noch was zu zählen in Ihrer Stadtkasse?

Manfred Busch: Selbstverständlich (lacht). Aber wenn im laufenden Jahr die Einnahmen um 9 Prozent sinken, dann ist das katastrophal. Wenn sie im kommenden Jahr wiederum um 9 Prozent sinken, dann ist das noch katastrophaler. Aber auch davon geht die Welt nicht unter. Auch 2011 werden wir noch Kommunen haben, werden wir noch die Gehälter zahlen.

WDR.de: Wenn man die Ergebnisse der Steuerprognose auf Bochum herunter rechnet: Mit welchen Einnahmeverlusten rechnen Sie?

Busch: Nach meinen Berechnungen ergibt das einen Steuerausfall von 40 Millionen Euro im Jahr - und zwar in 2009, in 2010 und in 2011. Danach - glaube ich - sind wir wieder einigermaßen in der Spur. Umgerechnet auf den Gesamthaushalt der Stadt ist das ein Minus von fünf Prozent im Jahr.

WDR.de: Spitzt sich die Finanzkrise der Kommunen denn nur durch ausbleibende Steuereinnahmen zu?

Busch: Es gibt eine Reihe von Faktoren. Allein die Besoldungserhöhung für die städtischen Beamten macht sich in diesem Jahr mit 2,5 Millionen bemerkbar. Mit den Pensionsrückstellungen kommt auch schnell ein zweistelliger Millionenbetrag zusammen. Wenn sich die soziale Lage verschärft, wenn die Arbeitslosigkeit wie erwartet steigt, dann werden wir das als Kommunen spüren, weil wir bei den Kosten für Unterkunft und Heizung in der Pflicht stehen zu helfen.

WDR.de: Was für Auswirkungen haben diese neuen Finanzlöcher?

Busch: Die geringeren Einnahmen zwingen uns dazu, die Ausgaben zu reduzieren. In welcher Form und mit welcher Schnelligkeit das geschieht, ist jetzt eine politische Frage.

WDR.de: Wird der Bürger es merken? Werden Büchereien und Schwimmbäder schließen?

Busch: Wir werden unsere öffentliche Leistungen einschränken müssen. Aber ich werde hier keine Beispiele nennen, weil das aussehen würde, als würde ich bestimmte Kürzungen bevorzugen.

WDR.de: Vor einem Jahr schloss in Bochum das Nokia-Werk, das Opel-Werk steht auf der Kippe. Ist Bochum besonders hart betroffen?

Busch: Im Moment haben wir keine Hinweise darauf. Bochum ist ja nicht nur Nokia, Opel oder Thyssen-Krupp. Bochum ist ein Hochschulstandort, es hat ein Strukturwandel stattgefunden. Nicht zuletzt wird die Stadt Sitz des neuen Gesundheitscampus. Wir müssen hier nicht in Sack und Asche gehen! Außerdem: Die großen Unternehmen sind nicht automatisch ein Heilsbringer bei den Steuereinnahmen. Auch wenn das im Einzelfall natürlich dem Steuergeheimnis unterliegt.

WDR.de: Wann werden Sie denn wieder mehr Geld zählen dürfen?

Busch: Für dieses Jahr habe ich die Hoffnung aufgegeben. Und im kommenden Jahr wäre ich schon froh, wenn wir auf dem Status von 2009 verharren. Zur Zeit wissen wir nicht, ob es dann weiter in den Keller geht. Oder ob sich die Lage etwas verbessert.