Studie zum Konjunkturpaket

Bausanierung statt Bildung

Stand: 08.09.2009, 12:28 Uhr

Dank Konjunkturpaket gab es einen warmen Geldregen, auch für NRW. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat nachgehakt, wohin das Geld geflossen ist. Ergebnis: Von Investitionen in die Zukunft kann oft keine Rede sein.

Im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) überprüft, welche Bundesländer das Geld aus dem Konjunkturpaket bislang am besten investiert haben. Allgemeines Fazit: Nur durchschnittlich 30 Prozent des Geldes flossen tatsächlich in Zukunftsinvestitionen, die langfristiges Wachstum versprechen. NRW schaffte es mit 45 Prozent im bundesweiten Vergleich auf Platz drei.

Als Zukunftsinvestitionen definiert das Institut unter anderem konjunkturelle Maßnahmen in den Bereichen Informationsgesellschaft, Innovation, Forschung sowie energetische Sanierungsmaßnahmen und solche zur Verbesserung der Bildungsqualität. Herkömmliche Sanierungsmaßnahmen, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie die Umweltprämie des Bundes hätten demgegenüber "keine Auswirkung auf das langfristige Wachstumspotenzial" und seien somit nicht als Zukunftsinvestitionen zu sehen.

Kommunen vernachlässigen die Bildung

"In NRW kommt das gute Ergebnis hauptsächlich dadurch zustande, dass sie hier sehr viel in energetische Sanierung von Schulgebäuden investiert haben", sagt Daniel Wissmann, Co-Autor der Studie. Besonders vernachlässigt habe das Land aber den Bereich Bildung. Laut Wissmann flossen in NRW nur etwa acht Prozent in Bildungsinhalte, während rund 92 Prozent für die Erhaltung und Sanierung von Bausubstanz vorgesehen sind.

Kommunen entscheiden frei über Verwendung der Gelder

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie Bremen, Bayern oder Rheinland-Pfalz hat die Landesregierung in NRW den Kommunen keine Vorgaben gemacht, wie die Mittel aus dem Konjunkturpaket verwendet werden sollen. Das bedeutet: Jede Kommune entscheidet selbst, ob sie die Mittel lieber in Kitas, Schulen oder Weiterbildungsstätten investiert. Und auch bei einzelnen Projekten haben die Kommunen freie Wahl, ob sie lieber die Schulturnhalle streichen lassen oder einen neuen Computerraum zum Lernen anschaffen. Die Kritik an diesem System, die in der DIW-Studie geäußert wird, weist das NRW-Innenministerium zurück. "Wir haben bewusst keine Vorgaben zur Verwendung der Mittel gemacht", sagte eine Sprecherin am Dienstag (08.09.2009) zu WDR.de. "Die Kommunen wissen selbst am besten, wo investiert werden muss. Dieses schlanke Verfahren wurde gewählt, um die Mittel schnell und unbürokratisch einsetzen zu können."

Mangelnde Transparenz?

Einen gravierenden Mangel sieht die Studie beim Land NRW in Sachen Transparenz. Nur 54 Prozent des Gesamtbudgets wurden in NRW laut Studie bisher nachvollziehbar verwendet. Zum Vergleich: In Bremen, dem Spitzenreiter des Rankings, könne man zu 100 Prozent nachvollziehen, wohin das Geld fließt. Volkswirt Wissmann kann das erklären: "NRW veröffentlicht tagesaktuelle Projekte. Das heißt, wir wissen nicht, was in einem Monat passiert oder welches Projekt dann durchgeführt wird. Andere Bundesländer hingegen veröffentlichen auch geplante Maßnahmen." Beim Innenministerium dementiert man diese Sicht: "Im Bereich 'laufende Maßnahmen' haben wir auch alle geplanten Projekte veröffentlicht", so die Ministeriumssprecherin. Man müsse nur auf das Datum achten, das dann entsprechend in der Zukunft liege.

In Sachen Öffentlichkeitsarbeit gab es in der Studie für NRW nur eine "3 plus". Die Note bezieht sich darauf, wie transparent die Länder die Öffentlichkeit über ihre Maßnahmen informieren. "Gerade bei den Landesmitteln für Forschung und Entwicklung fehlen konkrete Projektlisten, die genau beschreiben, was mit dem Geld geschieht", sagt Wissmann. Diese Listen seien in der Tat noch nicht öffentlich zugänglich, räumt die Sprecherin ein. Dies solle aber so bald wie möglich geschehen.

Verschleierte Finanzierungsprobleme?

Warum die Ergebnisse der Studie so ernüchternd ausfallen, darüber mag Wissmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung nur spekulieren: "Es wäre auf jeden Fall ein großes Potential da gewesen, um auf verschiedenen Feldern zu investieren. Vielleicht hat man sich anfangs auch kein Konzept gemacht, welche Felder es nötiger hätten." Es gebe auch Länder wie Hamburg, die ihr Geld eher in die bessere Ausstattung von Laboren oder moderne Medien gesteckt hätten, anstatt die Gebäudemauern zu verschönern. "Bei der Sanierung einer Mauer sollte man doch erwarten, dass dafür kein Konjunkturpaket nötig ist", sagt der Volkswirt. So bleibe die Möglichkeit ungenutzt, die Qualität des Bildungssystems nachhaltig zu verbessern. Andererseits könne verschleiert werden, dass es offensichtlich erhebliche Finanzierungsprobleme in der Instandhaltung von Bildungseinrichtungen durch Länder und vor allem Kommunen gebe.