Bei der Feier sollten Betroffene die Gelegenheit erhalten, gemeinsam zurückzuschauen und einen Blick in die Zukunft zu werfen, erklärte Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD). Eingeladen hatte der Oberbürgermeister die Hinterbliebenen der beiden bei dem Unglück getöteten jungen Männer, gerettete Mitarbeiter und Besucher des Historischen Archivs, Anwohner, die ihre Wohnungen verloren haben sowie Geschäftsleute und Vertreter der betroffenen Schulen.
Oberbürgermeister fordert personelle Konsequenzen
Roters erhöhte bei dieser Gelegenheit nochmals den Druck auf den technischen Vorstand der KVB, Walter Reinarz. Wenige Wochen vor dem Einsturz des Archivs sei ein erheblicher Wassereinbruch festgestellt worden. Die KVB als Bauherrin habe die Baufirmen vergeblich zur Abhilfe aufgefordert. Hier hätte der technische Vorstand handeln müssen. "Wer in dieser Situation zur Tagesordnung übergeht, hat mein Vertrauen verloren", so Roters. Neben der ungeklärten rechtlichen gebe es auch eine politisch-moralische Verantwortung: "Gehört zu einem Neuanfang nicht auch dazu, den Platz freizumachen?" fragte Roters. Der Oberbürgermeister hatte am Dienstagabend in der WDR-Lokalzeit erstmals öffentlich den Rücktritt von Reinarz gefordert.
Dessen Zukunft ist nun ungewiss. Am Mittwochabend kam der KVB-Aufsichtsrat eilig zusammen und soll dabei auch über die Personalie Reinarz diskutiert haben. Am Montag (08.03.2010) tritt der Aufsichtsrat erneut zusammen, dann wird auch mit der Bekanntgabe einer Entscheidung gerechnet.
Kritik an den Baufirmen
Roters kritisierte bei der Gedenkfeier auch die beteiligten Baufirmen unter Federführung des Mannheimer Konzerns Bilfinger Berger: "Wer von uns hätte sich vorstellen können, dass international handelnde Baufirmen in solch großem Umfang täuschen, manipulieren und betrügen." Die Ursache des Unglücks ist zwar noch nicht geklärt, ein Zusammenhang mit dem U-Bahnbau gilt aber als sicher.
Gedenkminute bei den KVB
Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) erinnerten mit einer Gedenkminute an das Unglück. Dazu blieben um 13.58 Uhr, dem Zeitpunkt des Unglücks vor einem Jahr, Busse und Bahnen für zwei Minuten an den Haltestellen stehen. Auf die Straße gehen die Kritiker von Stadt und KVB. Kölner Schauspieler und Kabarettisten lesen aus Ratsprotokollen der 90er Jahre, in denen die Vorzüge der U-Bahn angepriesen und der Bau beschlossen wurde. Das bis heute noch niemand die politische Verantwortung für das Unglück übernommen habe, komme einer zweiten Schuld und einer Verhöhnung der Opfer gleich, sagte Frank Deja. Der Kölner hatte unter dem Eindruck des Stadtarchiv-Einsturzes die Gruppierung "Köln kann auch anders" gegründet. Kritik äußerten auch René Böll, der Enkel des Schriftstellers Heinrich Böll, sowie der Autor Günter Wallraff. Beide kritisierten das Verhalten der Stadt und die fehlende Bauaufsicht.
Bei dem Einsturz des Stadtarchivs und zweier benachbarter Wohnhäuser waren am 3. März 2009 zwei Männer getötet und unzählige wertvolle Kulturgüter verschüttet worden.