Bedburg-Hau - Katholische Kirche St. Vincentius Till

Kirchbau aus dem 15. Jahrhundert

Der heutige Kirchbau stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Kirche ist auf einer Warft oder, wie man auch sagt, auf einer Wurte errichtet. Damit war die Kirche einmal geschützt gegen das ständige Überfluten durch den Rhein und zum anderen war sie geschützt gegen das steigende Grundwasser.

Vollgeläut der St.-Vincentius-Kirche Till (private Aufnahme) 07:01 Min. Verfügbar bis 30.12.2099

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Zur Geschichte der Kirche und der Glocken

Von Martin Verfürth

Die erste Kirche, die hier oder in der Nähe der heutigen Kirche gestanden hat, muss wohl eine sehr alte Kirche gewesen sein. Zumindest weisen die Patrozinien der Frankenheiligen Vincentius und Genoveva darauf hin.

Erstmals wird diese alte Kirche erwähnt zwischen 1258 und 1291 in einer Liste des Archidiakonats in Xanten. Wo immer diese Kirche auch gestanden haben mag, sie wird mit größter Wahrscheinlichkeit ein Opfer der Fluten des Rheinstromes geworden sein. Dem willkürlich pendelnden Rhein konnte man sich nicht in den Weg stellen. Und so war eine Verlegung der Kirche nichts Ungewöhnliches.

Die Kirche heute

Aus dieser Zeit stammt die kleinste Glocke im Turm von St.-Vincentius. Es handelt sich dabei um die Marienglocke. Die Glocke stammt aus den Anfängen des 13. Jahrhundert und zählt somit zu den ältesten noch erhaltenen Kirchenglocken am gesamten Niederrhein. Ihr Gewicht beläuft sich auf ca. 250 kg Bronze. Die Tonart ist unbestimmt. Die Inschrift der Glocke lautet: AVE MARIA
Sie läutet dreimal am Tag zum Angelus-Gebet.

Vincentius-Glocke von 1773 | Bildquelle: Martin Verfürth

Der heutige Kirchbau stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Kirche ist auf einer Warft oder, wie man auch sagt, auf einer Wurte errichtet. Damit war die Kirche einmal geschützt gegen das ständige Überfluten durch den Rhein und zum anderen war sie geschützt gegen das steigende Grundwasser. Der obere Teil dieser Warft besteht aus Bauschutt und Schieferplatten. Man vermutet, dass dieser Bauschutt von der alten Kirche stammt, die hier in der Nähe mal gestanden haben muss. Mit dem Neubau der Kirche wurde auch eine weitere Glocke gegossen. Die große Vincentius-Glocke. Sie wurde am 19.09.1494 von Gerard van Wou gegossen und ist die größte Glocke im Tiller Kirchturm. Die Glocke hat einen Durchmesser von ca. 156 cm und ein Gewicht von ca. 2.300 kg Bronze, Tonart d‘. Die Glocke wird zu jeder vollen Stunde geschlagen.

Ihre Inschrift lautet:

vincentius ys myn naem myn gelunt sy gade bequam anno domini m cccc xciiiixix die mensis septembris sancte vincenti sancta genofeva orate pro nobis gheradus de wou me fecit.

Die neue Kirche bestand zunächst aus dem breiten Hauptschiff und einem Westturm. Erst später, als die Kirche nicht mehr alle Gläubigen fassen konnte, wurde das linke Seitenschiff angefügt.

Um 1697 wurde die Kirche innen renoviert. Aufzeichnungen belegen, dass eine barocke Ausstattung angeschafft wurde. 1850 ist die heutige Kirche erneut renoviert worden und bekam eine neugotische Ausstattung. Gleichzeitig wurde am linken Seitenschiff eine Taufkapelle angebaut und die Sakristei nach Osten hin erweitert. Im Jahre 1773 wurde die mittlere und letzte Glocke für die Tiller Kirche gegossen. Die kleine Vincentiusglocke wurde von den aus Isselburg stammenden Geschwistern Christian und Rötgerus Voigt gegossen. Sie hat einen Durchmesser von 110 cm und ein Gewicht von ca. 1.800 kg Bronze, Tonart f‘. Sie ist gleichzeitig die Wandlungsglocke und wird zur halben Stunde geschlagen.

Ihre Inschrift lautet:

SANCTE VINCENTI XTI MARTYR VIRGOQUE SANCTA GENOVEFA INCLYTI HUIUS ECCLESIAE PATRANI ORATE PRO NOBIS ME FVDERVINT CHRISTIANUS ET ROTGERUS VOIGT FRATRES 1773

Im Jahr 1942 wurden die beiden Vincentiusglocken für „Kriegszwecke“ - wie vielerorts - aus dem Tiller Kirchturm entfernt. Bis Kriegsende 1945 lagerten sie auf dem Gelände der Mansfelder Kupferwerke AG. Erst am 22.10.1949 kehrten die beiden Glocken in den Kirchturm zurück.

22.10.1949: Glocken nach 7 Jahren zurück in Till | Bildquelle: Heinrich Tiggelbeck / Martin Verfürth

Friedrich von Schmidt hat die Kirche umgestaltet und diesen bemerkenswerten neugotischen Stil nach seinen eigenen Vorstellungen geschaffen. Von Schmidt war Steinmetzmeister an der Dombauhütte in Köln. Es wird vermutet, dass die Umgestaltung dieser Kirche seine erste selbstständige Arbeit war.

Die Originalpläne für den Umbau der Tiller Kirche befinden sich heute im Archiv des Wiener Rathauses.

In der Kirche befindet sich eine Stempelstelle für Jakobspilger.

Die St.-Vincentius-Kirche Till ist seit dem 02.11.2014 Filialkirche der Katholischen Kirchengemeinde Heiliger Johannes der Täufer Bedburg-Hau.

Der WDR dankt dem Autor dieses Textes, Martin Verfürth, für die Bilder und die Tonaufnahme des Geläuts. Im Ton-Archiv des WDR gibt es bislang keine Aufnahme.