Sechs führende Kölner Katholiken haben in einer Denkschrift heftige Kritik an Kardinal Joachim Meisner geübt und einen wesentlich aufgeschlosseneren Nachfolger gefordert. Ihre Kritik am aktuellen Erzbischof macht klar, welche Eigenschaften der Neue auf keinen Fall haben sollte: "Kardinal Meisner handelte aus einem autoritären Amtsverständnis, das ergebnisoffene Diskussionen nicht zulässt", schreiben die Autoren. "Eine Mischung aus pseudobarockem Pomp und moderner Eventkultur" habe im Erzbistum die Einfachheit verdrängt. Zu den sechs Verfassern gehören der Leiter der Karl-Rahner-Akademie, Bernd Wacker, und deren Studienleiter, Heinrich Klauke, die Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, Hannelore Bartscherer, der Pfarrer Franz Decker sowie der Historiker und Buchautor Prof. Rudolf Lill. Adresssat der Denkschrift ist Papst Franziskus.
Harte Vorwürfe gegen den Kardinal
Die Kritiker halten Meisner vor, unbequeme Mitarbeiter in der Seelsorge und altbewährte Pfarrer unter Druck gesetzt und sanktioniert zu haben. Die "innere Auszehrung der Gemeinden" sei alarmierend, Resignation und Angst unter den verantwortlichen Mitarbeitern des Bistums seien weit verbreitet, schreiben die Katholiken. Ferner werfen sie Meisner vor, ökumenische Initiativen erschwert zu haben. "Kardinal Meisner neigte (...) dazu, die Moderne insgesamt zu negieren", steht in dem Papier. Die Folge davon sei "der Rückzug in ein Ghetto demonstrativer Orthodoxie". Die öffentliche Wahrnehmung der Kirche sei inzwischen überwiegend negativ. Die Verfasser machen sich für eine "Erneuerung im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils" stark. Der neue Erzbischof "muss dialogfähig sein, der muss auch das Rheinland verstehen", sagte der Theologieprofessor Rudolf Hoppe, Mitautor der Denkschrift, am Mittwoch (27.11.2013) bei einer Pressekonferenz. Der Neue dürfe keine Angst vor Neuem haben.
Erzbistum reagiert gelassen
Christoph Heckeley, Sprecher des Erzbistums Köln, sagte WDR.de: "Das ist eine Meinungsäußerung, die wir so zur Kenntnis nehmen." Weitergehend wollte er die Vorwürfe nicht kommentieren. Ob Kardinal Meisner das Schreiben der Kritiker kennt, konnte Heckeley nicht sagen. Der Kardinal befinde sich gerade auf einer Dienstreise. Offen sei, ob er sich überhaupt öffentlich zu den Vorwürfen äußern werde, so Heckeley. Zudem betonte der Sprecher, dass der Adressat des Schreibens ja Papst Franziskus sei.
Rücktritt mit 80 Jahren
Meisner hatte im September beim Papst sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Der Papst hat sich dazu noch nicht offiziell geäußert. Bereits im Sommer hatte Meisner angekündigt, dass er mit Vollendung seines 80. Lebensjahres am 25. Dezember als Erzbischof von Köln zurücktreten wolle. Meisner steht seit 1989 an der Spitze der größten deutschen Diözese. Er gilt als profiliertester Konservativer, aber auch als einer der politisch umstrittensten Kirchenmänner in Deutschland.
"Wir sind Kirche": Düstere Zeit in Köln
Die Kirchenbewegung "Wir sind Kirche" unterstützte die Kritik. Die Amtszeit Meisners sei eine düstere Zeit für Köln gewesen, sagte Ulrich Harbecke von der Organisation in Köln. "Es wird höchste Zeit, dass er sich zurückzieht." Seine Haltung, insbesondere im Kampf gegen die Konfliktberatung für Schwangere, sei weit weg vom 20. Jahrhundert gewesen.