Es ist stickig in dem großen, bunt geschmückten Raum. Schon seit Stunden sitzen die Mitglieder des Hindu-Kultur-Vereins hier auf dem Boden und feiern ihren Sonntags-Gottesdienst. Die meisten Frauen tragen Sari mit Kopftuch, die meisten Männer Hemd und Jacket. Nach dem Höhepunkt der Feier, der Weihung der Gemeinde durch den Priester, tritt Sajan Kakar vor das Mikrofon. Er ist stellvertretender Vereinsvorsitzender und gibt den Gemeindemitgliedern einen Überblick über den aktuellen Stand des Großprojekts.
In dem Kölner Verein sind gut 200 Hindus aus Afghanistan organisiert. Erst seit wenigen Monaten gehört ihnen das 1.350-qm-Grundstück in Köln-Mülheim. Bis 2009 soll hier, wo zur Zeit noch die Gebäude einer ehemaligen Autowerkstatt stehen, ein Hindu-Tempel für rund 300 Besucher entstehen. Die Bauarbeiten sollen Anfang 2008 beginnen, bis dahin nutzt der Verein die alte Werkstatthalle als "Übergangs-Tempel".
Götter im Abstellraum
Statt Statuen hängen im improvisierten Tempel nur Poster der Götter. Die Statuen lagern im Abstellraum, damit sie bei den Bauarbeiten nicht kaputt gehen. Anish Kakar findet das ein bisschen schade: "Mit den Statuen vor Augen kann man sich beim Gebet besser konzentrieren. Hoffentlich wird der Tempel schnell fertig." Eine Besucherin hofft, dass das neue Gebäude "so richtig schön feierlich wird".
Zwei Architekten haben den Tempel geplant. Der eine war für die Einhaltung der deutschen Bauvorschriften verantwortlich, der andere dafür, dass der Bau später auch wie ein echter Hindu-Tempel aussieht. "Für die Bauarbeiten werden wir dann auch einige Arbeiter aus Indien einfliegen", so Sajan Kakar. Teile der bestehenden Gebäude sollen übernommen werden. Vieles wird neu gebaut. Insgesamt werden die Arbeiten schätzungsweise 900.000 Euro kosten. Ein Drittel des Geldes hat die Gemeinde bereits durch Spenden gesammelt.
"Wir erwarten keinen Ärger"
Plötzlich: Aufregung unter den Besuchern des Gottesdienstes. Zwei Polizisten haben das Gelände betreten. "Jemand hat angerufen, dass es zu laut sei", erklären sie. Sajan Kakar zeigt den Beamten das Gelände und die Gebäude. Eine außergewöhnlich laute Lärmquelle finden sie nicht. Der Vereinsvorstand hofft, dass sich solche Besuche in Zukunft nicht häufen. Eigentlich sei die Lage des Tempels ideal. Eine Kleingartenkolonie, ein Bahndamm und ein leerstehendes Grundstück grenzen an. Nur ein Mehrfamilienhaus steht in der Nähe und mit dessen Mietern habe der Verein sich geeinigt, versichert Kakar. "Wir erwarten keinen Ärger", erklärt er im Hinblick auf den Streit um den Moschee-Neubau in Köln-Ehrenfeld.
Als nächstes will sich der Verein um finanzielle Zuschüsse von Stadt und Land bemühen. Außerdem soll noch mehr Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden. Sajan Kakar glaubt, "dass es für die Akzeptanz des Tempels in der Bevölkerung wichtig ist, dass die Leute von Anfang an wissen, was wir machen".