Das kleine Bundesland Bremen steht auf den ersten Blick ziemlich alleine da. Die Bremer Forderung, dass sich die Deutsche Fußball Liga (DFL) an den Mehrkosten für die Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in der Fußball-Bundesliga beteiligen soll, wird von den meisten anderen Bundesländern nicht aktiv unterstützt. Die Position der DFL: Die Sicherung von Großveranstaltungen sei Sache des Staates, nicht des Veranstalters.
"Faire Beteiligung"
Daran zweifelt man auch in Bremen nicht. Auch dort sorgt die Polizei an den Heimspieltagen des SV Werder für die Sicherheit. Das soll so bleiben. Allerdings fordert die Landesregierung des Stadtstaates, dass sich die DFL zumindest dann an den Kosten beteiligt, wenn dafür deutlich mehr Geld und Personal aufgwendet werden muss. Etwa weil der Hamburger SV in Bremen zu Gast ist und damit das Potenzial für gewaltätige Auseinandersetzungen deutlich steigt.
"Es geht nicht darum also hier die gesamten Kosten umzuwälzen, sondern es geht um eine faire Beteiligung und dafür kämpfen wir", sagt der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer gegenüber Sport inside. Nach einer Änderung der Gebührenordnung durch die Bremer Bürgerschaft schickte das Land der DFL im Juni 2015 eine Rechnung über 425.718,11 Euro für die Mehrkosten beim Spiel Werder Bremen gegen den HSV im April des selben Jahres.
81 Prozent für Beitrag der Vereine
Die DFL zog gegen den Gebührenbescheid vor Gericht und bekam im Frühjahr in der ersten Instanz recht. Allerdings nicht grundsätzlich. Das Urteil bemängelte lediglich die Form der Berechnung. "Das war erst der Auftakt und nicht das Ende der Veranstaltung", erklärte Mäurer damals.
Die Bremer wollen weiter für eine Kostenbeteiligung der DFL bei Hochrisikospielen kämpfen und können sich dabei wohl auch auf eine große Mehrheit der Bevölkerung berufen. In einer von Sport inside bei infratest dimap in Auftrag gegebene repräsentativen Umfrage, sprachen sich 81 Prozent der Befragten für eine Beteiligung der Liga an den Mehrkosten für die Polizeieinsätze bei den Risikospielen aus.
1,4 Millionen Arbeitsstunden
Woche für Woche bindet der Fußball eine große Menge an Polizisten. Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei in Nordrhein-Westfalen, bei der die bundesweiten Zahlen im Zusammenhang mit Fangewalt und Polizeieinsätzen rund um den Fußball zusammenlaufen, kommt für die Saison 2016/2017 auf 1.419.766 Arbeitsstunden allein für die Sicherung der Spiele in der 1. und 2. Bundesliga. Umgerechnet entspricht das 1.092 Polizisten, die ausschließlich dafür eingesetzt werden.
Bei den Begegnungen, die von der Polizei als besonders brisant eingestuft werden, ist der Personalaufwand dabei deutlich höher als bei "normalen" Spielen. Das lässt sich aus einer Abfrage von Sport inside bei den Landesinnnenministeriums schließen. In Niedersachsen etwa sind demnach bei "normalen" Spielen zwischen 200 und 250 Polizisten im Einsatz, bei Hochrisikospielen wie etwa den Zweitligaduellen zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig in der Saison 2016/2017 werden bis zu 2.500 Beamte eingesetzt.
Rund 80 Millionen Euro Kosten
In Rheinland-Pfalz sind es bei regulären Spielen im Schnitt 220, bei Hochrisikospielen 680 Einsatzkräfte. Ähnlich sind die Zahlen in Hamburg. Nicht alle Bundesländer machen detaillierte Angaben zum Personalaufwand bei Fußballspielen und der Frage, wie viele Partien als Hochrisikospiele bewertet werden. In den beiden oberen Ligen werden nach Einschätzung der ZIS pro Saison zwischen 60 und 120 von der Polizei im Vorfeld als besonders riskant eingestuft.
Bei der Frage nach den Kosten halten sich die meisten Länder ebenfalls bedeckt. Auch hier ist Niedersachsen auskunftsfreudiger als andere: In der Saison 2016/2017 kosteten die Polizeieinsätze das Land insgesamt rund 8,6 Millionen Euro. Rechnet man das anhand der von der Polizeikgewerkschaft GdP bestätigten Stundensätze hoch, wären es in Nordrhein-Westfalen 15 Millionen Euro und bundesweit rund 80 Millionen Euro gewesen, die pro Saison für die Sicherheit von Spielen der 1. und 2. Bundesliga anfielen.
Streit geht weiter
Ob dafür alleine der Steuerzahler aufzukommen hat, bleibt umstritten. Experten wie der renommierte Ökonom Rudolf Hickel glauben, dass Bremen sich mit seiner Forderung am Ende doch noch vor Gericht durchsetzen könnte. Und dann werden wohl auch die anderen Länder aus der Deckung kommen. Das zumindest vermutet der Bremer Innensenator.
"Wenn wir gewinnen, dann werden die Landesrechnungshöfe, die Frage stellen warum nur in Bremen", sagt Mäurer. "Aber gegenwärtig ist die Gefechtslage sehr eindeutig und die Mehrzahl der Länder hat auch kein Interesse daran sich mit der DFL anzulegen. Das überlässt man Bremen." Dort will man demnächst weitere Rechnungen verschicken. Die DFL äußerte sich auf Anfrage von Sport inside nicht.