37 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf Gebäude zurück. Dazu zählen sowohl der Bau der Häuser als auch der generelle Stromverbrauch und das Heizen. In Deutschland sind die Zahlen übrigens nicht viel besser: Hier sollen es 30 Prozent der gesamten CO2-Emissionen sein.
Weltweit wird also nach Lösungen gesucht, um Bauen und Wohnen klimafreundlicher und damit zukunftsgerechter zu gestalten. Diese sieben Hauskonzepte sollen zeigen, dass nachhaltigeres Wohnen möglich ist.
1. Ein Haus aus dem 3D-Drucker
In Beckum steht Deutschlands erstes Haus aus dem 3D-Drucker. Mit einem speziellen Betongemisch hat ein sogenannter Portaldrucker Schicht um Schicht die rundlichen Wände aufgetragen. Das "gedruckte" Haus mit rund 160 Quadratmetern Wohnfläche ist ein Pilotprojekt, bei dem herausgefunden werden soll, was technisch und rechtlich möglich ist.
Vorteil des Druckroboters: Durch die präzise Fertigung braucht er laut Betreiberfirma weniger Baumaterial als herkömmliche Baumethoden. Außerdem arbeitet der 3D-Drucker schnell - einen Quadratmeter Wand hat er in rund fünf Minuten gedruckt. Hohlräume für Leitungen plant er bereits ein. So müssen sie nicht nachträglich aufwändig in die Wände gefräst werden.
Der Portaldrucker wird von zwei Personen bedient und am Monitor überwacht. Decken kann er noch nicht drucken; in Beckum wurden dafür Betonfertigteil-Elemente eingesetzt. Und ob sich die Leistung des Druckers auch finanziell rentiert, muss sich noch zeigen.
2. Immer der Sonne nach mit Drehhäusern
Eine innovative Idee, die Gebäude energieeffizienter machen soll, kommt aus Hessen. Dort baut eine Zimmerei Häuser, die sich um die eigene Achse drehen. Alle fünf Minuten drehen sie sich ein kleines Stückchen weiter und folgen so dem Lauf der Sonne.
Die Drehung des Hauses hat aber noch einen weiteren Grund: Im Sommer sollen die Fenster im Schatten stehen. So heizt sich das Haus nicht so schnell auf und es bleibt innen kühl.
Im Winter richten sich die Fenster immer der Sonne nach aus und schöpfen so die Sonnenenergie maximal aus — der Wirkungsgrad der Photovoltaikmodule und Sonnenkollektoren auf dem Dach ist damit deutlich höher. Das trägt dazu bei, dass sich das Haus komplett selbst mit Energie versorgen kann.
3. Wohnen unter Grasdächern in der Ökosiedlung
Die Häuser der Siedlung im Düsseldorfer Stadtteil Unterbach sind platzsparend und umweltfreundlich in ihrer Bauweise. Sie bestehen zum Teil aus Holz und haben alle einen Wintergarten und große Fenster für mehr natürliches Licht. Viele der Häuser werden energieeffizient mit Tonöfen beheizt.
Die mit Gras bewachsenen Dächer kühlen die Häuser im Sommer und wärmen sie im Winter. Die Siedlung ist autofrei und die Wege sind mit Kopfsteinpflaster bedeckt, also kann das Regenwasser besser im Boden versickern. Für die Bewässerung der Gärten wird Wasser aus einer Regenwasserzisterne verwendet.
4. Aus alt mach neu: Das Recyclinghaus
In Hannover steht ein experimentelles Recyclingprojekt. Für das Haus wurden einige Werkstoffe von der Deponie gerettet: Türen aus einem alten Bauernhaus, Holzlatten von ehemaligen Saunabänken oder Kakaobohnen-Jutesäcke, die die Fassade dämmen. Die einzelnen Bauteile können irgendwann auch wieder demontiert werden und woanders zum Einsatz kommen.
Im Inneren des Hauses finden sich Wände aus alten Rigipsplatten, Teppiche aus Fischernetzen und Fußböden aus ehemaligen Ziegelsteinen. Grün-blaue Profilbaugläser einer abgerissenen Lackiererei schmücken die Außenwand. Der Rohbau besteht aus leimfreiem Massivholz und kann nach dem Abriss wiederverwertet werden. Die Rohre der Heizung wurden so positioniert, dass sie wieder leicht auszubauen sind.
"Der Einsatz von Recyclingwerkstoffen ist ein wichtiger Aspekt für zukünftiges, nachhaltiges Bauen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Werkstoffe möglichst sortenrein zurückgewonnen werden können”, meint Matthias Fischer. Er ist Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Seiner Ansicht nach seien Städte riesige Materiallager, da alte Gebäude jede Menge Ressourcen für neue Bauten bieten.
5. Mut zur Lücke: Leben im 3-Meter-Haus
Viel Platz auf wenig Fläche: Dafür steht dieses Haus in Köln. Es wurde in eine gerade einmal drei Meter breite Lücke gebaut.
Die Idee dazu hatte der Architekt Wolfgang Zeh: "Wir sparen hier Raum und Fläche. Und plötzlich merkt man, dass vielleicht auch 80 Quadratmeter reichen, um als vierköpfige Familie darin zu leben". Zeh lebt mit seiner Familie selbst in dem Haus und hat dort auch sein Büro.
6. Erdhäuser: Umhüllt von der Natur
Diese Häuser erinnern ein bisschen an die Wohnhöhlen der Hobbits aus der "Herr der Ringe"-Verfilmung. Doch die Häuser sind keine Filmkulisse und sollen auch nicht einfach nur hübsch anzusehen sehen sein. Das Ziel war eine Wohnbebauung in Gebieten mit vielen Hanglagen.
Ein Teil der Erde aus der Baugrube wird sogar wieder auf das Dach gepackt. So bleibt viel Platz für einen Garten. Die bis zu zwei Meter dicke Erdschicht auf den Häusern isoliert das Haus auch: Im Sommer wird es deshalb nicht so heiß und im Winter entweicht weniger Wärme. Das spart Heizenergie.
7. Wenn das Haus sich der Umwelt anpasst
Wie kann in Zukunft mehr Wohnraum mit weniger Material geschaffen werden? Dazu wird an der Universität Stuttgart geforscht. Einer der dort entwickelten Lösungsansätze: das adaptive Hochhaus D1244. Es soll selbstständig auf starke Umwelteinflüsse reagieren können, also beispielsweise auf starken Wind oder Erdbeben.
In der gesamten Fassade des Hauses sind Sensoren integriert. Winde oder Erschütterungen werden so schnell erkannt. Mit Hydraulikaktoren sollen dann gezielt Gegenkräfte erzeugt werden — das Haus bleibt trotz der wirkenden Kräfte stabil. Durch diese Anpassungsfähigkeit kann das Haus leichter gebaut werden als andere Hochhäuser. So werden weniger Baumaterialien benötigt und damit CO2-Emissionen eingespart.
8. Bauen ohne Beton: Gebäudekomplexe aus Holz
Wie können wir Häuser ohne Beton bauen? Das Zementgemisch verursacht in seiner Herstellung jede Menge CO2-Emissionen und ist damit nicht gerade umweltfreundlich. Hier lohnt sich also der Blick auf andere, bestenfalls nachwachsende Rohstoffe.
In der schwedischen Stadt Skellefteå steht eins der höchsten Holzgebäude der Welt. Dafür wurden 12.200 Kubikmeter Holz aus den Wäldern der Region verbaut. Für jeden gefällten Baum wurde ein neuer gepflanzt. In dem Gebäude befindet sich ein Kulturzentrum mit angrenzendem Hotel.
Das "Sara Kulturhus" im nordschwedischen Skellefteå während der Bauphase. Auf klimaschädlichen Beton konnte komplett verzichtet werden.
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"Der Einsatz von Recyclingwerkstoffen ist ein wichtiger Aspekt für zukünftiges, nachhaltiges Bauen", sagt Matthias Fischer, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Seiner Ansicht nach seien Städte riesige Materiallager, da alte Gebäude jede Menge Ressourcen für neue Bauten bieten.
Für Fischer gibt es dabei einen wichtigen Punkt: "Dabei ist darauf zu achten, dass die Werkstoffe möglichst sortenrein zurückgewonnen werden können." Heißt: Die recycelten Baustoffe müssen so gut wie möglich voneinander getrennt werden, damit sie später besser wiederverwendet werden können.
9. Dachaufbauten: Ein Haus auf dem Haus
Egal, wie nachhaltig Bauweise und -materialien auch sind – bei jedem Neubau werden Bodenflächen versiegelt. Dadurch kann Regenwasser nicht mehr gut versickern, die Gefahr lokaler Überschwemmungen steigt und die Stadt heizt sich schneller auf. Wieso also bauen wir nicht auf Flächen, die ohnehin schon versiegelt sind?
Das ist einer der Grundgedanken von Dachaufbauten wie dem „Loftcube“, entworfen von Architekt Werner Aisslinger. Das ist ein verglaster Würfel auf vier Beinen, darin Wohnraum für zwei Personen, und theoretisch lässt sich der „Loftcube“ auf jedes Flachdach aufsetzen. Weiterer Vorteil solcher Dachaufbauten: In engen Metropolen lässt sich der begrenzte vorhandene Raum effizienter nutzen.
Doch die sogenannte Nachverdichtung von Städten muss gar nicht immer futuristisch sein: In der Plattensiedlung im Frankfurter Stadtteil Ginnheim etwa entstehen 680 Wohnungen durch Aufstockung bestehender Häuser sowie den Bau von Quergebäuden. Die dreigeschossigen 50er-Jahre-Häuser der ehemaligen US Army Housing Area werden dadurch fünfstöckig und bieten neuen Wohnraum in einer vollen Stadt.
Mehr Informationen zum Thema
2022 Global Status Report for Buildings and Construction (unep.org)
DrehHaus – Das intelligente Aktivhaus (drehhaus.de)
Sliding House (drmmstudio.com)
Weltweit erstes adaptives Hochhaus eröffnet (uni-stuttgart.de)
Das erste Hochhaus, das sich seiner Umwelt anpasst (deutschlandfunknova.de)
Recyclinghaus Kronsberg (cityfoerster.net)
Projekt Baulücke Köln (wolfgangzeh.de)
Erdhäuser werden zum Trend (rnd.de)
Sara Kulturhus (sarakulturhus.se)
Matthias Fischer (ibp.fraunhofer.de)
Energiesparende Gebäude (umweltbundesamt.de)
Spagat zwischen Wohnungsnot und Flächenfraß (hessenschau.de)
Kommentare zum Thema
Die Ökosiedlung in Düsseldorf klingt wie ein Traum! Grasdächer, Wintergärten und energieeffiziente Heizungsoptionen sind großartige Ansätze für nachhaltiges Wohnen. Ich frage mich, wie die Lebensqualität in solchen Häusern im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden ist.