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Nutri-Score: So kann dir Lebensmittelkennzeichnung helfen
Stand: 04.03.2025, 17:14 Von Pia Bergmann Gamechanger
Von Pia Bergmann
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KommentierenWeißt du, was all die Informationen auf der Rückseite von Lebensmittelverpackungen bedeuten? Und liest du sie überhaupt? Der Nutri-Score soll es dir einfacher machen, im Supermarkt auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Doch die Aussagekraft der Farbskala ist fraglich. Wie unterstützen andere Länder dich bei gesunden Kaufentscheidungen? Und wie könnte eine wirklich gute Lebensmittelkennzeichnung aussehen?
Nutri-Score: Was bedeutet er und wie aussagekräftig ist er?
Der Nutri-Score ist eine Kennzeichnung bzw. ein Label, das Lebensmittelunternehmen freiwillig auf bestimmte Produkte drucken können. Er bewertet die Nährwertqualität eines Lebensmittels anhand einer 5-stufigen Skala – von A bis E bzw. von dunkelgrün bis rot.
Das dunkelgrüne A bedeutet, dass die Nährstoffzusammensetzung eher günstig ist, beim roten E ist sie eher ungünstig. Günstige Nähr- und Inhaltsstoffe sind dabei Proteine, Ballaststoffe sowie ein hoher Anteil an Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten. Ungünstig sind Salz, Zucker, ein hoher Energiegehalt sowie gesättigte Fettsäuren. Der Score bezieht sich auf jeweils 100 Milliliter oder 100 Gramm eines Produkts – auch von Getränken.

Freiwillige Kennzeichung: Unternehmen können entscheiden, ob sie den Nutri-Score auf ihr Produkt drucken lassen.
Allerdings vergleicht der Nutri-Score nur Lebensmittel aus der gleichen oder einer ähnlichen Produktgruppe miteinander. So kannst du zum Beispiel auf einen Blick erkennen, welche Pizza eine günstigere Nährstoffzusammensetzung hat als andere Pizzen.
Der Nutri-Score zeigt also nicht, wie gesund oder ungesund ein Produkt ist oder welche Produkte du in welchem Maße verzehren solltest. Er soll eine Ergänzung zu Ernährungsempfehlungen, beispielsweise die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, sein.
Die Kritik am Nutri-Score
Der Nutri-Score wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Spanien, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz genutzt. Entwickelt haben ihn unabhängige Wissenschaftler:innen, basierend auf einem Algorithmus. Ein wissenschaftliches Gremium berät seit 2021 über mögliche Änderungen und Erweiterungen des Scores, um diesen zu verbessern.
Zu Beginn des Jahres 2024 traten erste Änderungen am Nutri-Score-Algorithmus in Kraft, um dessen Aussagekraft zu verbessern. Bis zum 1. Januar 2026 müssen alle Produkte mit dem weiterentwickelten Algorithmus gekennzeichnet werden. Bis dahin kann es sein, dass gleiche Produkte unterschiedliche Scores haben, weil sie auf unterschiedlichen Berechnungen beruhen.
Eine Kritik am Nutri-Score ist unter anderem, dass er nicht alle Inhalts- und Nährstoffe oder Verzehrmengen berücksichtigt und dass die Verwendung freiwillig ist.
Wir haben uns angeschaut, welche Lebensmittelkennzeichnungen es in anderen Ländern gibt und wie aussagekräftig diese sind.
Traffic Light Labelling in Großbritannien
Den Farben des Nutri-Scores sehr ähnlich ist die Ampelkennzeichnung ("Traffic Light Labelling“) auf Lebensmittelverpackungen und Getränken in Großbritannien. Sie wird von einigen großen Supermarktketten und Lebensmittelherstellern in Großbritannien freiwillig verwendet.
Das Label hat fünf Felder. In den Feldern steht, wie viele Kalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm in einem Produkt enthalten sind. Je nachdem, wie viel von einem Nährwert in einem Produkt enthalten ist, ist das Feld grün, gelb oder rot.
Kritik gibt es an der Höhe der Grenzwerte für die einzelnen Nährwerte in den Farbkategorien, also wann etwas als “gesund“ eingestuft wird und wann nicht. Diese Grenzwerte hat die Regierung in Großbritannien festgelegt.

"Traffic Light Labelling“: In Großbritannien gibt eine Ampelkennzeichnung Infos zu Kalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz in Produkten.
Warnhinweise in Chile
In Chile kleben auf Lebensmittelverpackungen Aufkleber mit achteckigen, schwarzen Warnhinweisen zu ungesunden Inhaltsstoffen – und zwar nicht freiwillig, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Das soll Verbraucher:innen auf einen erhöhten Gehalt an Kalorien, Zucker, Salz oder gesättigte Fettsäuren in dem Produkt hinweisen ("hoher Zuckergehalt“, "hoher Salzgehalt“ etc.).
Überschreitet ein Produkt in einem bestimmten Nährwert die dafür vorgegebenen Grenzen, wird je ein Aufkleber auf die Verpackung geklebt. Im schlechtesten Fall kann ein Produkt also bis zu vier Aufkleber bekommen.

Warnhinweise in Chile: Dort sind die Aufkleber bei zu viel ungesunden Inhaltsstoffen gesetzlich vorgeschrieben.
Das Keyhole-Label in Skandinavien
In Schweden, Norwegen, Island und Dänemark kennzeichnet man genau andersrum: Dort wird das Keyhole-Label, also ein Schlüsselloch-Symbol bei 32 Lebensmittelproduktgruppen verwendet, um gesündere Lebensmitteloptionen zu kennzeichnen.
Das Keyhole in Grün oder Schwarz wird auf Produkten angewendet, die weniger Fette, Zucker und Salz sowie mehr Ballaststoffe und Vollkornanteile enthalten als vergleichbare Produkte aus derselben Gruppe. Eine Tiefkühlpizza mit dem Keyhole-Label ist beispielsweise die gesündere Variante unter den Tiefkühlpizzen.

Das skandinavische Keyhole-Label kennzeichnet gesündere Lebensmitteloptionen.
Die Anforderungen für die jeweiligen Produktgruppen sind unterschiedlich und die Nutzung des Symbols ist freiwillig. In bestimmten Produktgruppen wie Süßigkeiten, Limonaden, Schokolade, Keksen und Kuchen dürfen die Produkte nicht mit dem Keyhole-Label gekennzeichnet werden.
Das Bewertungssystem basiert auf den Nordischen Ernährungsempfehlungen (Nordic Nutrition Recommendations, NNR). Es liegt in der Verantwortung der Hersteller, das Label korrekt zu verwenden. Die mit dem Keyhole gekennzeichneten Produkte werden nicht einzeln kontrolliert.
Das Health Star Rating in Australien und Neuseeland
Australien und Neuseeland vergeben Sterne bei der Bewertung des Nährstoffgehalts von Lebensmitteln. Das sogenannte Health Star Rating vergleicht, ähnlich wie der Nutri-Score, Nährwerte ähnlicher Produkte und vergibt einen halben bis fünf Sterne. Je mehr Sterne, desto gesünder ist das Produkt.
Es werden Inhaltsstoffe berücksichtigt, die mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung chronischer Krankheiten verbunden sind, aber auch nützliche Inhaltsstoffe.
Die Verwendung der Kennzeichnung auf der Vorderseite von Produktverpackungen, auf Plakaten oder Regalaufhängern ist freiwillig. Neben dem Health Star Rating können optional noch zusätzliche spezifische Nährwertinformationen angezeigt werden.

Je mehr Sterne, desto gesünder ist das Produkt: So funktioniert das Health Star Rating in Australien und Neuseeland.
Das Beste aus den einzelnen Kennzeichnungen zusammen
Insgesamt wird mit den Kennzeichnungen ein positives Ziel verfolgt: dass du es einfacher hast, dich im Supermarkt für die gesündere Option zu entscheiden. Die Label haben Stärken, aber auch einige Schwachstellen. Vielleicht würde ja eine Kennzeichnung helfen, die mehrere Elemente aus den verschiedenen Ländern vereint? Zum Beispiel:
... eine gesetzlich verpflichtende Kennzeichnung?
... eine Bewertung der einzelnen Inhaltsstoffe nach wissenschaftlich fundierten (strengen) Grenzwerten, die auch unter Berücksichtigung der Portionsgröße eines Produkts bestimmt werden?
... eine auf den ersten Blick verständliche Einordnung?
... ein Vergleich von Inhaltsstoffen über Produktgruppen hinaus?
Was wünschst du dir, damit du beim Einkaufen auf einen Blick erkennen kannst, wie gesund oder ungesund ein Produkt ist? Hinterlass uns gerne einen Kommentar unter diesem Artikel.
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Nutri-Score auf Lebensmitteln: Oft verwirrend statt hilfreich (ARD Mediathek)
Der Nutri-Score: Kann man gesunde Lebensmittel verlässlich kennzeichnen? (Quarks.de)
Zu fettig, zu süß – wie Chile Lebensmittel verbannt (zeit.de)
Unsere Quellen:
EU-weit einheitliche Lebensmittel-Kennzeichnung (bmel.de)
Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (gesetze-im-internet.de)
Internationale Zusammenarbeit beim Nutri-Score (nutrition.org.uk)
Das Keyhole-System in skandinavischen Ländern (livsmedelsverket.se)
Kriterien für das Keyhole-System in den skandinavischen Ländern (norden.org)
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