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Trauerkultur

5 Ideen für den Friedhof der Zukunft

Stand: 22.10.2024, 14:46 Von Karolin Huhn Gedankenspiele

Von Karolin Huhn

Auf vielen Friedhöfen in Deutschland gibt es ungenutzten Platz. Der Grund: Statt eines klassischen Grabes werden inzwischen viele Verstorbene eingeäschert. 2023 waren es mehr als drei Viertel. Gerade einmal 20 Prozent wurden im Sarg beerdigt.

Diese Entwicklung hat Folgen: Auf deutschen Friedhöfen gibt es viele Freiflächen. Die ersten Friedhöfe werden deshalb bereits umgestaltet. In Soest gibt es beispielsweise ein Café auf einem Friedhof. In Österreichs Hauptstadt Wien ist die Situation ähnlich, auf einem Friedhof werden sogar Tomaten angebaut.

Nicht alle finden solche Umgestaltungen gut. Für viele Menschen bleibt der Friedhof ein Ort der Andacht und der stillen Erinnerung. Ließen sich da Kompromisse finden?

1. Naturnaher Friedhof als grüne Oase

Friedhöfe sind wichtige Orte in unserer Trauerkultur und dienen auch als Begegnungsstätte. Wir gehen dorthin, um uns mit Verstorbenen verbunden zu fühlen und um uns an sie zu erinnern. Auf Friedhöfen sind aber auch viele Insekten, Vögel und sogar Eidechsen zu Hause. Bepflanzten Gräber, blühende Grünflächen und Bäume bieten für sie einen wertvollen Lebensraum.

Durch die vielen Grünflächen können Friedhöfe sogar einen positiven Einfluss auf das Klima in Städten haben. Die Bäume spenden einerseits Schatten, andererseits verdunstet Wasser an den Blattoberflächen. Damit können Friedhöfe vor allem in heißen Sommermonaten die nähere Umgebung abkühlen.

Ein naturnaher Friedhof könnte diese positiven Effekte verstärken. Gleichzeitig würde sogar Geld gespart werden. Ein naturgerechter Rasen beispielsweise wird wenig gemäht, nicht gedüngt und spart so Ressourcen.

2. Kindern den Tod erklären: Der Spielplatz auf dem Friedhof

Der “Kinderwelten”-Spielplatz auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe soll Kindern die Gelegenheit geben, sich mit Trauer und Tod auseinanderzusetzen. Der Spielplatz ist zweigeteilt: Auf der einen Seite ist ein gewöhnlicher Spielplatz, auf der anderen Seite lassen sich Schaukeln und Wippen nicht bewegen. Zwischen den Geräten sind Botschaften trauernder Kinder angebracht.

Das Projekt soll Kinder bei “dem Thema Tod” nicht mehr ausschließen, sondern sie dem Sterben gegenüber sensibilisieren. Kinder sollen durch diese Friedhofsgestaltung ermutigt werden, Fragen zu stellen und sich mit ihrer Trauer auseinanderzusetzen.

3. Friedhof erleben im Friedhofslabor

"Friedhöfe neu denken und den Menschen zugewandt gestalten" - das ist die Vision eines Steinmetzes aus Süßen in der Nähe von Stuttgart. Im Sommer 2023 hat er den begehbaren "Campus Vivorum" eröffnet, nach eigenen Angaben das weltweit erste Labor- und Experimentierfeld zur Friedhofsentwicklung.

Auf dem Gelände des Friedhofslabors selbst werden keine Menschen beerdigt. Hier werden Ideen kreiert und anderen Friedhofsverwaltern vorgestellt, damit sich zukünftige Friedhöfe besonders an den Bedürfnissen der Hinterbliebenen orientieren.

Auf insgesamt 14 Stationen können die Lebenden alle Phasen ihrer Trauer durchlaufen. Hier gibt es einen Bachlauf zum Picknicken, ebenso wie mannshohe Zettelwände, auf denen Trauernde Botschaften hinterlassen können. Und in der Warteabteilung können Angehörige die Urnen ihrer Liebsten so aufbewahren, bis sie wissen, wo und wie sie sie bestatten wollen.

4. Frische Tomaten von Opas Grab

In Wien hat sich ein Friedhofswärter etwas Besonderes für unbetreute Gräber einfallen lassen. Für 75 Euro im Jahr vermietet er die zweieinhalb Quadratmeter großen Grabflächen als Gemüsegärten. Auf 20 Gräbern wachsen hier unter anderem Kohlrabi, Tomaten und Zwiebeln. Die Gemüsegräber sind hygienisch unproblematisch: mindestens ein Meter Erde liegt zwischen Sarg und Lebensmitteln.

Das Bild zeigt einen Mann, der reife Tomaten auf einem Grab präsentiert. | Bildquelle: WDR

2022 geht der Friedhofsverwalter noch einen Schritt weiter und gestaltet fünf Grabsteine zu öffentlichen Bücherschränken um. Das soll zum Verweilen einladen und zeigen, dass ein moderner Friedhof mehr sein kann als nur ein Ort zum Trauern.

5. Kaffeekränzchen auf dem Friedhof

Zuerst Blumen an Omas Grab legen, dann zwei Meter weiter Kuchen essen – in Soest ist das normal. Hier hat ein Team aus Ehrenamtlichen ein kleines Café mitten auf dem Friedhof eröffnet. Unterstützt wird es vom Religionskurs der örtlichen Schule. Ganz nach dem Motto “von der Gemeinde, für die Gemeinde” füllt sich der stille Friedhof so wieder mit Leben.

Das Café Kränzchen ist mit seiner Idee nicht allein. In Erlangen bringt ein Lastenfahrrad Kaffee und Kuchen auf den örtlichen Friedhof. Hier werden Friedhofsbesucher:innen sogar gematcht: Wer alleine ist, kann sich zu anderen an den Tisch setzen. So geben sich Trauernde gegenseitig Halt.

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Mehr Informationen zum Thema:

Deutschlands Friedhöfe müssen schrumpfen (aeternitas.de)

Die Friedhöfe der Zukunft (deutschlandfunk.de)

Deutschlandweit einzigartig: Spielplatz auf Friedhof (augsburger-allgemeine.de)

Friedhof for Future (friedhofsverwalter.de)

Soester Café eröffnet an ungewöhnlichem Ort (soester-anzeiger.de)

Reden über Trauer (domradio.de)

Urban Gardening in Wien (zdf.de)

Kommentare zum Thema

  • Gudrun Flaisch 02.02.2024, 19:02 Uhr

    Sehr interessant. Ich würde gerne so etwas auch bei uns in der Stadt anregen. Wo kann man eventuell Fördermittel beantragen. Wie kann ich die Stadt überzeugen hier umzudenken? Bis zum Jahr 2033 sollen 3 Flächen ABC frei von Grabstätten sein um dann einen neuen Friedhof zu gestalten. Ich wünsche mir schon heute, dass darüber nachgedacht wird, wie man den alten Friedhot zum Park, Biotop usw. umgestalten kann. Gruß gudrun Flaisch

    • kugelzwei 05.02.2024, 10:45 Uhr

      Das hört sich nach einer wirklich schönen Idee an! Auch symbolisch: Ein Park voller Leben, der gut für die Natur ist, wo früher der Tod und die Trauer im Mittelpunkt stand. Das wäre doch eine wirklich schöne Weiternutzung für diesen Ort. Liebe Grüße vom kugelzwei-team

  • M. 09.08.2023, 04:08 Uhr

    Ich finde gerade die Ruhe auf einem Friedhof sehr angenehm. Für mich wäre es sehr befremdlich wenn dort ein Spielplatz entstehen würde. Lieber sollte man mehr Sitzgelegenheiten schaffen, Oasen der Ruhe und Besinnlichkeit. Das ist gerade für die Menschen wichtig die jemanden verloren haben. Einfach dort sitzen und innehalten. Ein letzter Ort der Ruhe. Wer Rummel haben möchte kann woanders hingehen. Und ein Spielplatz? Wenn man hört und auch sieht was sich heutzutage so auf einem Spielplatz trifft (besonders Abends und in der Nacht) das ist ja direkt eine Einladung. Und Gemüseanbau auf dem Friedhof geht garnicht.

  • Anonym 06.08.2023, 13:41 Uhr

    Der Friedhof sollte ein öffentlicher Park werden.

    • Anonym 11.10.2023, 11:19 Uhr

      halloo. ich finde das auch gut

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