Christliche Tattoos liegen im Trend. Einige Kirchen bieten sogar Gratis-Tätowierungen parallel zum Gottesdienst an - natürlich mit christlichen Symbolen. Und der Andrang ist oft riesig. Ob das Kreuz, ein Psalm oder die heilige Maria - Tattoo-Motive wie diese sind für viele ein echtes Statement für ihren Glauben, von dem ruhig jeder wissen kann.
Die Nadel summt leise und rauscht über den Unterarm, Farbe und Haut verschmelzen, Strich für Strich. Edwin Großmann beißt sich auf die Lippe. Doch er weiß, was er will: Jesus auf seinem Unterarm. Maria und das Jesus-Kind hat er schon auf dem anderen. Sein Glaube ist dem 25-Jährigen aus Viersen wichtig. Auf seiner Haut trägt er nach außen, was ihn innerlich trägt: "Ein Kreuz ist etwas, was man an- und wieder ablegen kann. Es ist nicht dasselbe, wie etwas unter der Haut zu haben." Doch das Tattoo auf seinem Arm ist mehr, als nur ein Zeichen, das andere sehen können. "Es ist ein Teil von mir, es spendet mir Ruhe, Kraft und entspannt mich in schweren Situationen."
Beliebte Tattoo-Motive: Jesus, Maria, Psalmen und Kreuze
Edwin lebt seinen Glauben für sich, abseits der Kirche, doch nach außen sichtbar darf er sein. Allein ist er damit nicht, sagt Tätowierer Stefan Muler vom Tattoo-Studio „Art of Eternity“ in Viersen. Auch er selbst trägt ein Jesus-Tattoo auf seinem Arm und sticht häufig religiöse Motive.
Die Nachfrage nach christlichen Symbolen sei hoch: "Gläubige Menschen wollen oft Motive wie Jesus, Maria oder bestimmte Statuen, die sie in Kirchen gesehen haben." Verbunden sei der Wunsch seiner Kunden nach einem christlichen Motiv so gut wie immer mit einer tieferen Bedeutung: "Ob es Leiden, ob es die Überwindung ist oder ein Schicksalsschlag und dann komme ich ins Spiel und setze das für sie um."
Ein Trend mit langer Tradition
Doch sind Tattoos im Christentum überhaupt erlaubt? Schließlich heißt es in der Bibel: "Und einen Einschnitt (...) sollt ihr an eurem Fleisch nicht machen; und geätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen." Faktisch gibt es Glaubens-Tattoos jedenfalls schon lange, sagt Paul-Henri Campbell; der Theologe hat ein Buch zum Thema Tattoos und Religion geschrieben. Der Run auf christliche Motive sei kein neues Phänomen: "Man kennt die Jerusalemer Pilger-Tätowierungen, die eine jahrhundertelange Tradition haben. Da gibt es Tätowierer, die machen das in 26. oder 27. Generation."
Und die Beliebtheit sei ungebrochen, weil Zeichen sehr mächtige Dinge seien: "Sie haben eine eigene Energie und Menschen drücken sich und ihre Haltungen, wie sie drauf sind, durch Zeichen aus." Deshalb sei es auch wichtig, dass das Christentum diese Zeichengebung mitgestalte.
Run auf Gratis-Tattoo-Gottesdienste
Tatsächlich öffnen sich einige Kirchen für diese Art des Glaubensbekenntnisses. Die Tattoo-Aktion einer evangelische Kirche in Solingen vor einigen Jahren wurde gut angenommen. Im Gottesdienst wurde über Tattoos und ihre Bedeutung gesprochen, parallel dazu wurde in einem Nebenraum tätowiert. Bei einer Gratis-Tattoo-Aktion in Frankfurt am Main war der Run auf christliche Motive zuletzt so groß, dass hunderte Menschen abgewiesen werden mussten.
Paul-Henri Campbell, Autor des Buchs "Tattoo & Religion: Die bunten Kathedralen des Selbst" erklärt: "Wir sind in einer Zeit, in der Menschen Zugehörigkeiten suchen, und Tätowierungen drücken eine Art von Zugehörigkeit aus." Viele Menschen entdeckten dabei auch wieder ihre christlichen Wurzeln und möchten diese nach außen zeigen. "Und wenige Zeichen sind so eindeutig wie christliche Zeichen."
Ein Tattoo, das Halt geben soll
Auch für Edwin Großmann aus Viersen sind seine Tattoos mehr, als nur Körperschmuck und das nächste christliche Motiv ist schon in Planung. Ein Jesus mit einem Lamm soll es werden. Der 25-Jährige hat durch einen Schicksalsschlag noch tiefer zum Glauben gefunden, dafür soll es stehen: "Letztes Jahr ist mein Vater leider an Krebs gestorben und nach seinem Tod brauchte ich irgendwie Halt. Den habe ich dann im Glauben gefunden und in dem Motiv sehe ich mich als Lämmlein, das in den Armen gehalten wird und Rettung sucht."
Dass ihm sein Glaube im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht, dürfen ruhig alle sehen. All seine Tätowierungen, sagt er, hätten einen Bezug zur Religion und das nächste Jesus-Tattoo werde sicher nicht sein letztes sein.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 09.04.2023 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.