Die Parteitage von CDU und Grünen am Wochenende sind vom Stil her unterschiedlich verlaufen. Geschäftsmäßige Effizienz bei der CDU. Lange, teilweise emotionale Debatten bei den Grünen. Im Ergebnis haben sie aber beide das Gleiche geliefert: Klare Mehrheiten für die gemeinsame Landesregierung in Nordrhein-Westfalen.
Die Zustimmungsquoten zeigen: Es sind nicht nur die Parteispitzen, die dieses Bündnis wollen, weil es ihnen persönlich den Weg zu Posten und Macht ebnet. Auch die Vertreter und Vertreterinnen der Basis beider Parteien stehen dahinter. Die Atmosphäre auf beiden Parteitagen hatte fast schon etwas Euphorisches.
Erwartung: Schwarz-Grün muss etwas bewegen
Diese breite Zustimmung ist an die Erwartung geknüpft, dass Schwarz-Grün etwas bewegt. Vor allem die Grünen müssen ihren Anhängern und Mitgliedern möglichst schnell Ergebnisse präsentieren, etwa beim Windkraftausbau und bei neuen Verkehrskonzepten.
Die CDU muss den eigenen Leuten beweisen, dass die vielen Vorhaben auch wirklich bezahlbar sind und dass die Veränderungen die Unternehmen im Land nicht überfordern.
Das kann gelingen. Auch wenn die Risiken enorm sind. Niemand weiß, wie sich die Konjunktur und Russlands Kriegen gegen die Ukraine entwickeln.
Es drohen Zerreißproben - aber beide Seiten sind bereit
Dazu kommen Konflikte in NRW, die absehbar sind. Wenn die Polizei z.B. Besetzungsaktionen von Klimaaktivisten auflöst. Oder Menschen im Sauerland dagegen angehen, dass auch bei ihnen Windräder gebaut werden. Dann werden das Zerreißproben für CDU und Grüne.
Mein Eindruck ist: Beide Seiten sind bereit dafür. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und die Grünen-Spitzenfrau Mona Neubaur werden diese Landesregierung zusammenhalten. Sie scheinen während der Koalitionsverhandlungen einen ziemlich guten Draht zueinander gefunden zu haben. Und sie haben in ihren Reihen genug Autorität, um Druck auszuhalten.
CDU frisst Wüst quasi aus der Hand
Wüst hat in der NRW-CDU in kürzester Zeit sogar den Status erreicht, dass die Partei ihm quasi aus der Hand frisst. Er hat dafür gesorgt, dass sie aus dem Laschet-Debakel der vergangenen Bundestagswahl gestärkt herausgekommen ist. Heute ist die nordrhein-westfälische CDU so geeint wie wohl selten überhaupt in ihrer Geschichte.
Dieses Pfund muss er nutzen. Denn anders als in den ersten Monaten als Ministerpräsident, als ihm die Zeit fehlte, wird er jetzt nicht länger nur an Worten gemessen, sondern an Taten.