Die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen haben ihre Haushaltspläne geändert, um die geplante Kreditaufnahme von bis zu 5 Milliarden Euro doch noch verfassungsfest zu machen. "Wir wollen einen rechtssicheren Weg gehen", sagte Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) am Donnerstagabend in Düsseldorf. Damit reagierte die Landesregierung nun schon zum zweiten Mal auf Kritik des Landesrechnungshofes am geplanten Verfahren.
Optendrenk: "Wollen maximale Transparenz"
Konkret nannte Optendrenk drei Änderungen, mit denen die rechtlichen Bedenken ausgeräumt werden sollen. Wichtigster Punkt: Der Verwendungs-Zweck der Kredite wird genauer eingegrenzt als das bisher der Fall war. Optendrenk: "Wir wollen maximale Transparenz darüber, was aus dem neuen Sondervermögen finanziert werden darf und was nicht." Der Landesrechnungshof hatte die mangelnde Zweckbestimmung moniert.
Außerdem müssen alle Ausgaben aus dem Sondervermögen jeweils vom Landtags-Plenum abgesegnet werden. Ein Beschluss nur des Haushalts- und Finanzausschusses - wie ursprünglich geplant - reicht nicht. Auch wird genauer festgelegt, wie das geliehene Geld zurückgezahlt werden soll. Die Tilgung soll im Jahr 2024 beginnen und maximal 25 Jahre lang dauern. Der Landesrechnungshof hatte einen regelrechten "Tilgungsplan" gefordert.
Sondervermögen zur Krisenbewältigung
Das Geld aus dem Sondervermögen Krisenbewältigung soll in Extra-Hilfspakete des Landes für Verbraucher und Unternehmer in der Energiekrise fließen. Damit sollen Lücken geschlossen werden, die die bundesweit geltende Strom- und Gaspreisbremse nach Ansicht von Schwarz-Gelb in NRW lässt. Bis zu 5 Milliarden Euro an Krediten sollen dafür in einem "Sondervermögen Krisenbewältigung" aufgenommen werden können.
Erlaubt ist das laut Grundgesetz aber nur in einer "außergewöhnlichen Notsituation". Diese hat der Landtag in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Regierungsfraktionen für NRW offiziell festgestellt. Begründung: Das Land an Rhein und Ruhr sei mit seinen sehr energieabhängigen Unternehmen der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie mehr als andere Bundesländer von den steigenden Strom- und Gaspreisen betroffen.
Dass der Prozess der Haushaltsaufstellung in diesem Jahr so "strubbelig" verlaufen sei, nehme er politisch auf seine Kappe, sagte Optendrenk. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Haushaltsgesetze mit den jetzigen Änderungen noch "vor Weihnachten beschlossen und nach Weihnachten schon in ersten Schritten umgesetzt werden können."
Opposition zweifelt Begründung für neue Schulden an
Die Opposition im Landtag hat der Finanzminister allerdings gründlich vergrault. Ein so chaotisches Haushaltsverfahren mit gravierenden Änderungen auf den letzten Drücker habe es in NRW noch nicht gegeben – in dem Urteil sind sich die Haushaltspolitiker der Opposition aus SPD, FDP und AfD einig.
Stefan Zimkeit von der SPD spricht von einem „unverschämten, fast erpresserischen“ Vorgehen der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen. Zimkeit ist skeptisch, dass die jüngsten Nachbesserungen den Haushaltsplan verfassungsfest machen. „Die aktuelle Notlage des Landes, die eine Kreditaufnahme rechtfertigen soll, ist immer noch nicht ausreichend gut begründet,“ sagt Zimkeit.
So sieht es auch Ralf Witzel von der FDP. Es sei nicht zwingend dargelegt, warum unbedingt neue Schulden gemacht werden müssten: „Wir erwarten unverändert, vor jedem Griff zur Neuverschulung, erst umfassende und ernsthafte Sparanstrengungen der Koalition, die dafür schwarz-grüne Lieblingsprojekte abblasen muss.“
Erste Hilfen für Bürger, Vereine und Unternehmen
Hilfsgelder für Bürger und Unternehmen in der Energiekrise wollen freilich auch Sozialdemokraten und Liberale. Lange war aber gar nicht bekannt, wofür genau die Landesregierung das geliehene Geld eigentlich ausgeben will. Dazu gab es erst am Freitag einen ersten Kabinettsbeschluss. Mit insgesamt 1,6 Milliarden Euro sollen in einem ersten Schritt öffentliche Einrichtungen, aber auch Bürger, Unternehmen und Vereine direkt unterstützt werden. Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte, mit dem eigenen Hilfspaket schaffe die Landesregierung Verlässlichkeit für die Bürger und das Land werde krisensicher.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur von den Grünen unterstreicht die neuen Härtefall-Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen.
Im Rahmen des Programms sollen zum Teil hohe Millionenbeträge in Kitas, Hochschulen, Krankenhäuser und in den öffentlichen Nahverkehr fließen. Außerdem werden Investitionen in die Energiewende gefördert.
Einen ersten Versuch des Finanzministers, Kredite für die Krisenbewältigung zu verwenden, hatte der Landesrechnungshof im November gestoppt. Ursprünglich wollte Finanzminister Optendrenk übrig gebliebene Darlehen aus dem Corona-Rettungsschirm des Landes "umwidmen" und zur Dämpfung der Folgen der Energiekrise einsetzen. Nach Ansicht der obersten Kassenprüfer des Landes wäre das eine verfassungswidrige Zweckentfremdung gewesen.
Daraufhin änderte Optendrenk seine Pläne. Seither soll ein neuer Rettungstopf her - spezielle zur Bekämpfung der Energie- und Flüchtlingskrise. Die nun mehrfach geänderten Haushaltsgesetze sollen am 20. Dezember im Düsseldorfer Landtag endgültig verabschiedet werden. Gemeinsam mit dem ersten Hilfspaket zur Krisenbewältigung.
Über dieses Thema berichtet der WDR fortlaufend u.a. in den Hörfunknachrichten und in den aktuellen Sendungen des WDR Fernsehens.
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