Trotz stagnierender oder sinkender Pegel gibt es beim Hochwasser in Nordrhein-Westfalen keine Entwarnung. Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) sprach am Freitag von einer "nach wie vor großen Hochwasserlage".
"Es waren Weihnachtstage der besonderen Art" , bilanzierte Krischer die Feiertage. Tausende, teils freiwillige Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, THW, freiwilliger Feuerwehr hatten in den letzten Tagen dafür gesorgt, dass das Hochwasser in NRW unter Kontrolle geblieben ist. "Hätten die vielen Ehrenamtlichen nicht ihr Weihnachtsfest geopfert, sähe die Lage ganz anders aus", so Krischer.
Extreme sind "das neue Normal"
Historisch gesehen, sei das gesamte Jahr 2023, in Sachen Wetter ein besonders Herausforderndes gewesen. "Ein extremer Jahresausgang reiht sich ein, in ein extremes Jahr 2023", so Krischer. Es war eines der wärmsten Jahre seit Aufzeichnung, in den letzten Tagen kam es zu den höchsten Wasserständen der letzten Jahrzehnte. "Wir erleben, dass das das neue Normal ist", erklärt er.
Positive Bilanz
Trotz der ernsten Lage zieht der NRW-Umweltminister eine positive Bilanz aus den letzten Tagen. Stand jetzt habe es keine Opfer gegeben. Die Hochwasserschutzanlagen hätten gehalten. An den Talsperren drohten weder Dammbrüche noch unkontrollierte Überläufe. Gegenwärtig wird aus vielen der etwa 70 Talsperren in NRW kontrolliert Wasser abgelassen, damit im Falle euer Niederschläge wieder Stauraum zur Verfügung steht.
Besonders positiv hob Krischer die Kommunikation der verschiedenen staatlichen Stellen hervor. Die Koordination der Einsatzkräfte habe reibungslos funktioniert. "Die Verbesserungen nach 2021 machen sich bemerkbar", sagt der Umweltminister.
Kein Grund zur Entwarnung
Grund zur Entwarnung gibt es aber noch nicht. Zwar stagnierten oder fielen die Pegel und starke Regenfälle blieben aus, die Hochwasserlage hielte aber erstmal weiter an, so Krischer. Das alles sei eine Momentaufnahme – die Lage müsse weiter genau beobachtet werden. "Das Hochwasser haben wir gut gemanaged, aber es ist noch nicht vorüber, es kann keine Entwarnung gegeben werden". Durch weiteren Niederschlag, bleibt die Situation in Teilen von NRW voraussichtlich noch bis ins neue Jahr angespannt.
Weiche Deiche, gesättigte Böden
Das Hochwasser habe aber auch Schwachstellen im System aufgedeckt. Die Deiche seien an vielen Stellen aufgeweicht und die Böden gesättigt. "Es gibt Sarnierungsbedarf, um die Deiche stabil zu halten". Es sei vor allen den Einsatzkräften vor Ort zu verdanken, dass Deichbrüche durch Verstärkung verhindert werden konnten, erklärte Kischer.
Um dem Hochwasser entgegenzuwirken, brauche es mehr Überflutungsräume. Durch solche neu geschaffenen Bereiche konnte zum Beispiel an der Lippe schlimmeres verhindert werden, so der Umweltminister. Die Sanierung der in die Jahre gekommenen Deiche, sei in den nächsten Jahre eine Priorität der Landesregierung.
Neuer Regen ab Montag
Auch Marc Scheibel, Fachbereichsleiter für Hochwasserschutz vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sprach in der Pressekonferenz nur vorsichtig von einer "leichten Phase der Entspannung". Die Pegel blieben immer noch hoch.
Nach Einschätzung des Landesumweltamtes werden die Pegelstände am Wochenende bei großen Gewässern wie dem Rhein weiter sinken, die Pegel kleinerer Gewässer, wie etwa die Lippe, sinken nur sehr langsam oder blieben konstant. Spätestens ab Montagabend werde es aber wieder starke Schauer geben. "Dann wird die Lage wieder kritischer", so Scheibel. Besonders das Bergische Land, das Sauerland und Rothaargebirge sollen vom Niederschlag betroffen sein.
Straßen NRW: "Alles in beherrschbarem Bereich"
Auch Straßen NRW zieht aus den letzten Tagen positive Bilanz. Die Straßenmeistereien seien gemeinsam mit Polizei und Feuerwehr im Einsatz. Insgesamt hätten nur "eine Handvoll Straßen" übers ganze Land verteilt wegen Überschwemmung oder Unterspülungen gesperrt werden müssen, berichtet Christoph Jansen von Straßen NRW. Die nächsten Tage müssten gut beobachtet werden, insgesamt sei die Situation aber "sehr beherrschbar", so Jansen.