In der Affäre um die umstrittene Besetzung eines der höchsten Richterposten in NRW stellen sich neue Fragen an Justizminister Benjamin Limbach. Je nach Ausgang könnten sie den angeschlagenen Grünen-Minister zusätzlich belasten. Limbach will allerdings erst nächste Woche für Aufklärung sorgen.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der Minister versucht haben soll, zwei Bewerber um die Spitze des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts zur Aufgabe ihrer Bewerbungen zu bewegen. Schon länger steht der Verdacht im Raum, dass Limbach versucht habe, eine andere Bewerberin durchzusetzen. Im Landtag hat er bislang eine politische Einflussnahme bestritten.
Unklarheit über Treffen mit einem Bewerber
Nun ergeben sich zusätzliche Fragen. So könnte es von Relevanz sein, wann genau eines der Gespräche stattgefunden hat. Im Rechtsausschuss des Landtages hat Limbach nämlich versichert, dass er sich wegen vieler anderer Dinge nicht vor dem 13. September 2022 mit der Richterbesetzung befasst habe. An dem Tag war die Bewerbung der von ihm favorisierten Frau eingegangen.
Inzwischen ist allerdings unklar, ob diese Aussage von Limbach stimmt. Im September gab es nämlich ein Gespräch mit einem Abteilungsleiter aus seinem Haus, der sich auf die Richterstelle beworben hatte. Limbach hat eingeräumt, dass er den Mann gebeten hat, seine Tätigkeit als Abteilungsleiter fortzusetzen. Unklar ist, wann genau dieses Gespräch stattgefunden hat. Vor dem 13. September 2022? Dann hätte Limbach im Rechtsausschuss nicht die Wahrheit gesagt.
Justizminister lässt Fragen unbeantwortet
Eine WDR-Anfrage an das Justizministerium hat keine Klarheit gebracht. So teilte eine Sprecherin mit: "Ich verweise auf die Stellungnahme von Minister Dr. Limbach vom 23.11., 16:00 Uhr, die Ihnen vorliegt. Im übrigen wird Minister Dr. Limbach sich im Rechtsausschuss am 28.11.2023 äußern und die Fragen der Abgeordneten beantworten." In der angesprochenen Stellungnahme ist allerdings nur allgemein vom September die Rede.
Sondersitzung in der kommenden Woche
Mehr Klarheit kann die kommende Woche bringen. Am Dienstag kommt auf Antrag von SPD und FDP der Rechtsausschuss erneut zu einer Sondersitzung zusammen. Spätestens dort wird Limbach sagen müssen, wann das Treffen stattgefunden hat. Beide Parteien haben bereits den Rücktritt des Grünen-Politikers gefordert.
Unklar ist, wie sicher der 54-Jährige noch im Ministersessel sitzt oder ob er wackelt. Beim Bundesparteitag der Grünen war Limbach am Freitag nicht vor Ort in Karlsruhe - als einziger der vier Minister aus NRW.
Grünen-Chef hat "keinen Zweifel" an Limbach
Der Landessprecher der NRW-Grünen, Tim Achtermeyer, hat sich dort zu der Causa geäußert. Auf die Frage, ob Limbach noch tragbar sei, sagte er im WDR-Interview "absolut". "Ich habe überhaupt keinen Zweifel an Benjamin Limbach und seiner Haltung." Dieser agiere "nur nach Recht und Gesetz".
In der öffentlichen Wahrnehmung schwindet allerdings das Vertrauen in den Minister. So kommentierte der "General-Anzeiger" aus Bonn am Freitag: "Limbachs Maß an politischem Ungeschick ist sehr bemerkenswert. Nichts lässt sich leichter zu einem Skandal hochgeigen als vermeintliche Vetternwirtschaft bei der Besetzung hoher Positionen." Egal wie die Sache ausgehe: "Limbach ist angeschlagen und die Verantwortung dafür trägt er anscheinend allein."
Über dieses Thema berichten wir auch am 26.11.2023 im WDR-Fernsehen, ab 19.30 Uhr im Magazin Westpol.