Die Zahl der stationären Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen in Krankenhäusern ist im Jahr 2021 um 70 Prozent gegenüber dem Vor-Coronajahr 2019 gestiegen. Das teilte das Statistische Landesamt IT.NRW am Dienstag mit. Insgesamt wurden 1.435 Kinder und Jugendliche mit Essstörungen behandelt. Gut ein Viertel von ihnen war unter 14 Jahre alt, mehr als 90 Prozent der Behandelten waren Mädchen.
Mehr Depressionen behandelt
Wegen depressiver Episoden mussten im Coronajahr 2021 5.758 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren stationär behandelt werden. Das waren 29 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019.
Die Zahl der Fälle von "psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol" sowie "kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen" ist allerdings von 2019 auf 2021 gesunken.
Insgesamt wurden 2021 in NRW 21.905 Kinder und Jugendliche wegen psychischer und Verhaltensstörungen in Krankenhäusern stationär behandelt - und damit 5,9 Prozent weniger als 2019.
DAK-Studie: Mädchen besonders betroffen
Eine Studie der Krankenkasse DAK kam im vergangenen Jahr zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach leiden vor allem Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren im Vergleich zur Vor-Coronazeit deutlich häufiger unter Depressionen, Ess- und Angststörungen sowie starkem Übergewicht.
Als Gründe hierfür nennt die Studie "pandemiebegleitenden Maßnahmen" wie etwa Lockdowns, Schulschließungen und das Aussetzen Halt-gebender Strukturen im Alltag.
Klaus Overdiek, Chef der DAK-Landesvertretung, sprach angesichts dieser Zahlen von einer "dramatischen Entwicklung bei unseren Kindern und Jugendlichen".
Landesregierung will Hilfsangebote in den Blick nehmen
Das NRW-Gesundheitsministerium zeigte sich besorgt über die Zunahme von Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Ein Ministeriumssprecher verwies in dem Zusammenhang auf ein Handlungskonzept Essstörungen, das bereits 2018 von einer Fachkommission entwickelt wurde. "Für das Ministerium sind diese Zahlen ein Anlass, die Beratungs- und Hilfeangebote in Nordrhein-Westfalen zum Thema Essstörungen weiterhin in den Blick zu nehmen", so der Sprecher. Dies geschehe etwa fortlaufend durch die "Landesfachstelle Essstörungen".
Die Landesregierung müsse hier "zügig gegensteuern" betonte hingegen SPD-Fraktionschef Jochen Ott: "Sie muss endlich die soziale und gesundheitliche Dimension von Bildung in den Fokus rücken." So sollte sie etwa im Bereich Schule auch die Möglichkeit einräumen, Lehrpläne und Klassenarbeiten zu entschlacken. "Damit mehr Zeit für das soziale Miteinander bleibt", so der Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag.