Kommentar: Die AfD auf dem Weg zur Polit-Sekte

Stand: 25.02.2024, 12:15 Uhr

Beim Landesparteitag der AfD in Marl erhält das Lager gegen den Rechtsextremismus starken Aufwind, um Stunden später diesem Kurs eine heftige Absage zu erteilen.

Von Christoph Ullrich

Das soll also die selbst ernannte Rettung Deutschlands sein? Da wählen sie mit einem Rekordergebnis Martin Vincentz erneut zum Landeschef, um vier Stunden später mit Matthias Helferich die rechtsextremste Symbolfigur, die der Laden im Regal hat, in den Vorstand mit Mehrheit aufzunehmen.

Während Vincentz seit Monaten versucht, seine Partei vom Rechtsextremismus à la Höcke abzugrenzen, marschiert die von Helferich orchestrierte Junge Alternative stramm gen Verfassungsfeindlichkeit.

Show der eigenen Unfähigkeit

Das hat nichts mehr mit Binnenpluralismus zu tun, das ist einfach sinnbildlich, was die AfD in großen Teilen ist: Eine radikal-bürgerliche Parallelgesellschaft ohne klares Selbstverständnis. Auf dem Parteitag geht es einmal mehr ausschließlich um den eigenen Kosmos.

Die spaltende Selbstbeschäftigung darum, wer zu welchem Preis welchen Posten bekommt, steht über allem. Ein inhaltliches Angebot: Fehlanzeige. Politische Gegner, Medien und große Teile der Gesellschaft werden in den Bewerbungsreden schlicht und plump nur noch diffamiert. Währenddessen legt man selber eine schöne Show der eigenen Unfähigkeit hin.

Wenig bürgerliche Restfassade

Das Lager um Landeschef Vincentz weiß schon ganz genau, warum man besser keinen öffentlichen Live-Stream aus Marl angeboten hat. Dann hätte nämlich jeder und jede dabei zuschauen können, wie wenig bürgerliche Restfassade noch vorhanden ist. Vielmehr ist die AfD auf dem Weg zur Polit-Sekte nach US-republikanischem Vorbild. Wie Landeschef Vincentz das ändern will, bleibt rätselhaft.

Neuer Landesvorstand der AfD NRW WDR 5 Westblick - aktuell 26.02.2024 05:43 Min. Verfügbar bis 25.02.2025 WDR 5

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