Zahl ausländischer Straftäter gestiegen Aktuelle Stunde 20.03.2024 42:33 Min. UT Verfügbar bis 20.03.2026 WDR Von Per Quast

Ausländerkriminalität: Reuls Vorgriff auf Kriminalstatistik löst hitzige Debatte aus

Stand: 20.03.2024, 16:10 Uhr

Überraschend hat NRW-Innenminister Reul neue Zahlen zu Straftaten von Nichtdeutschen veröffentlicht. Die Opposition im Landtag ist massiv verärgert - und die AfD triumphiert.

Von Nina Magoley

Die Zahlen, die NRW-Innenminister Herbert Reul am Dienstagabend bekannt gegeben hat, sorgen für Aufregung: Bei den 2023 in NRW ermittelten Tatverdächtigen ist der Anteil von Personen ohne deutschen Pass im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen - um 10,4 Prozent. Allerdings ist auch der Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung NRWs angestiegen.

Die Statistik ist noch vorläufig und weist einige Unzulänglichkeiten auf. Zwar liegen die Zahlen der Tatverdächtigen für 2023 schon vor - doch der Bezug zur Gesamtbevölkerung hinkt hinterher, da die letzten Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung von Ende 2022 stammen. 2022 lebten 2,8 Millionen Ausländer in Nordrhein-Westfalen, sagte Reul. Im Jahr 2023 kamen aber nochmal viele hinzu.

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Im WDR2-Interview am Mittwoch wies der Innenminister außerdem darauf hin, dass längst nicht alle Tatverdächtigen aus der Statistik tatsächlich in NRW leben. Beim Beispiel Taschendiebstahl, wo die Tatzahlen "extrem hoch" seien, wisse man, dass das mehrheitlich "durchziehende Banden" aus Osteuropa seien: "Die ziehen rein, klauen und hauen wieder ab."

Reul: "Zahlen vorab einordnen"

Die Zahlen sind Teil der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die eigentlich erst im April veröffentlicht wird. Er wolle sie aber vor den Journalisten "einordnen, bevor das im Zahlendunst einer großen Pressekonferenz passiert", hatte Reul am Dienstagabend bei einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch erklärt.

NRW: Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger gestiegen WDR 2 20.03.2024 05:19 Min. Verfügbar bis 20.03.2026 WDR 2

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SPD: "Zahlen des eigenen Versagens"

Christina Kampmann: Wollte Reul ablenken? | Bildquelle: WDR

Dass der CDU-Innenminister überraschend vorab mit diesen Zahlen an die Öffentlichkeit geht, löst bei der Opposition im Landtag gehörig Ärger aus. SPD-Innenpolitikerin Christina Kampmann sagte dem WDR, sie habe den Innenminister nach vorläufigen Zahlen zu Straftaten des letzten Jahres gefragt. "Er hat immer gesagt, er kann keine vorläufigen Zahlen nennen", so Kampmann.

Was Reul mit diesem Schritt nun bezwecke, sei ihr nicht klar, sagte Kampmann. Möglicherweise wolle er davon "ablenken", dass bei der kommenden Polizeilichen Kriminalstatistik die Zahlen "in vielen Bereichen gestiegen sind". Zum Beispiel auch bei Themen wie häuslicher Gewalt oder Messerdelikten.

Wer schwere Straftaten begangen habe, müsse "natürlich abgeschoben werden", so SPD-Frau Kampmann. Im vergangenen Jahr sei jede zweite Abschiebung gescheitert. Herbert Reul präsentiere hier die "Zahlen des eigenen Versagens". Der Zustand der inneren Sicherheit in NRW sei in den letzten Jahren "sehr viel schlechter geworden".

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Grüne ringen um Stellungnahme

Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grünen | Bildquelle: WDR

Bei Reuls grünem Koalitionspartner, der auch die Integrationsministerin Josefine Paul stellt, windet man sich im Bemühen um eine Stellungnahme - zu einem Vorgang, der früher, als die Grünen in der Opposition waren, auch bei ihnen helle Empörung ausgelöst hätte. Der Anstieg der Zahlen sei "beunruhigend", sagt die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Julia Höller. Aber man müsse sie sich "sehr genau anschauen", wenn die Gesamtstatistik im April vorliege.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik enthalte sehr viele Zahlen, und es sei wichtig, sich die verschiedenen Felder anzusehen "und dann die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen". Höller wies auch darauf hin, dass die PKS nur die Zahl der Tatverdächtigten enthalte, nicht die der tatsächlich Verurteilten.

AfD fühlt sich bestätigt

Auch die Reaktion der AfD ließ nicht lange auf sich warten. "Ja, Herr Reul", triumphiert der AfD-Landtagsabgeordnete Carlo Clemens auf Instagram und Facebook, "wir müssen über Ausländerkriminalität sprechen, so, wie es die AfD schon seit Jahren tut und dafür von Ihrer Partei zu Unrecht diffamiert wird". In der Migrationspolitik brauche man "eine Wende um 180 Grad".

Über das Thema berichten wir am 20.03.2024 in allen aktuellen Sendungen des WDR Fernsehens und auf den aktuellen Wellen des WDR Hörfunks.