Verfassungsklage wegen Sicherheitspaket: Landtag zu spät informiert?

Stand: 07.03.2025, 17:08 Uhr

Die SPD klagt vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof gegen die Informationspolitik der Landesregierung. Das Gericht soll feststellen, dass der Landtag zu spät über das Maßnahmenpaket zum Solingen-Anschlag informiert wurde.

Von Martin Teigeler

Die SPD verklagt die schwarz-grüne Landesregierung im Streit um deren Informationspolitik nach dem Anschlag von Solingen. Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster teilte am Freitag mit, dass die SPD-Landtagsfraktion "ein Organstreitverfahren gegen die Landesregierung eingeleitet" habe.

Auslöser der Klage (Aktenzeichen: VerfGH 16/25) ist das "Maßnahmenpaket zu den Bereichen Sicherheit, Migration und Prävention", das Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kurz nach dem Anschlag vorgelegt hatte.

Streit um Zeitpunkt der Unterrichtung

Die SPD will vom Gericht feststellen lassen, dass die Landesregierung gegen die Landesverfassung verstoßen hat. Demnach sei der Landtag nicht frühzeitig genug über das Maßnahmenpaket nach Solingen unterrichtet worden. "Die Landesregierung hat es unterlassen, den Landtag zum Zeitpunkt der Anmeldung der 'Unterrichtung' detailliert und schriftlich zu unterrichten", heißt es in der Klageschrift der SPD.

"Wir haben Klage eingereicht im Namen der Demokratie. Denn ihre Stärke hängt wesentlich auch davon ab, wie Regierungen mit dem Parlament umgehen", sagte der SPD-Fraktionschef im Landtag, Jochen Ott. Die NRW-Landesregierung habe zum wiederholten Male gegen die in der Verfassung verbrieften Rechte der parlamentarischen Opposition verstoßen. "Wir halten es für wichtig, dass diese Frage im Grundsatz geklärt wird", so der Chef der größten Oppositionsfraktion.

Im Landtag hatte Wüst das Maßnahmenpaket drei Wochen nach dem Anschlag vorgestellt. Angekündigt wurde im September 2024 etwa eine Ausweitung der Befugnisse des Landes-Verfassungsschutzes. Auch ging es um den Bau eines zweiten Abschiebegefängnisses.

SPD zu zweitem Abschiebegefängnis für NRW WDR 5 Morgenecho - Interview 05.02.2025 06:46 Min. Verfügbar bis 05.02.2026 WDR 5

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Beim Messeranschlag eines mutmaßlichen Islamisten wurden im August 2024 drei Menschen in Solingen getötet. Es gab zehn Verletzte.

Vorwurf: "Missachtung des Parlaments"

Es war ein umfangreiches Paket, das Ministerpräsident Wüst vorstellte. Unmittelbar danach sagte SPD-Fraktionschef Ott im Parlament, er wolle die Einzelmaßnahmen prüfen. Er hätte sich als Abgeordneter gerne vor der Debatte mit dem Paket auseinandergesetzt: "Das ist eine schwere Missachtung des Parlaments."

Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne kritisierte damals, dass bereits kurz nach Eröffnung des Tagesordnungspunkts die ersten ausführlichen Agenturmeldungen dazu vorlagen und eine Pressemitteilung der Staatskanzlei verschickt wurde. Viele seien also vorab informiert gewesen - jedoch nicht die Abgeordneten.

Landesverfassung: "frühzeitig und umfassend"

In Artikel 40 der NRW-Landesverfassung heißt es: "Die Landesregierung unterrichtet den Landtag frühzeitig und umfassend über die Vorbereitung von Landesgesetzen, Staatsverträgen, Verwaltungsabkommen und Angelegenheiten der Landesplanung sowie über Angelegenheiten des Bundes und der Europäischen Union, soweit sie an ihnen mitwirkt."

Nun muss das Verfassungsgericht in Münster entscheiden, ob die Landesregierung gegen diese Vorgabe verstoßen hat. Die SPD-Klageschrift läuft darauf hinaus, dass die Richterinnen und Richter die Landesregierung anweisen sollen, in ähnlichen Fällen künftig früher und umfassender zu informieren.

Ein Sprecher der Staatskanzlei kündigte an, dass man die Antragsschrift der SPD-Landtagsfraktion genau prüfen und dann gegebenenfalls gegenüber dem Verfassungsgerichtshof reagieren werde.

Unsere Quellen:

  • Pressemitteilung des Verfassungsgerichtshofs NRW
  • Ott und Staatskanzlei auf WDR-Anfrage
  • eigene Recherchen