Die Besetzung der Präsidentenstelle für das Oberverwaltungsgerichtes (OVG) hat Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) politisch erheblich unter Druck gebracht. Zu Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren hatte er die Besetzung neu aufgerollt. Dadurch setzte sich eine Kandidatin durch, die in dem Verfahren bisher keine Rolle gespielt hatte. Im Amt ist sie allerdings noch nicht.
Die unterlegenen Bewerber wehrten sich juristisch gegen das Verfahren. Sie sahen sich gegenüber der Frau benachteiligt. Für den politisch unerfahrenen Ex-Richter Limbach wurde die Geschichte zum Problem. Die Opposition spricht bis heute von einer unzulässigen Bevorzugung einer Kandidatin durch die Politik.
Bundesverfassungsgericht griff am Ende ein
Am Ende hob sogar das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung des OVG auf, das ursprünglich keine gravierenden Mängel an dem Besetzungsverfahren sah. Somit muss die Klage eines unterlegenen Bewerbers vom Oberverwaltungsgericht neu verhandelt werden. Währenddessen tagt nun auch der inzwischen eingesetzte Untersuchungsausschuss des Landtags. Am Montag ist die erste öffentliche Sitzung.
Und dabei könnte es zu Kollisionen mit Zeugenvernehmungen kommen, sollten Ausschuss wie Gericht dieselben Personen befragen wollen. Deshalb gibt es üblicherweise die Bitte bei Gericht um eine Erlaubnis, damit Zeugen auch im Ausschuss auch dann angehört werden dürfen, wenn sie in der gleichen Sache noch Zeugen vor Gericht sein könnten. Dies ist in der Regel eine Formalie.
Allerdings - so berichtet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung - soll es im Falle einer Zeugin zu Problemen gekommen sein. Die Zeitung zitiert aus internen Schreiben zwischen Ministerium und dem OVG. Sie liegen auch dem WDR vor. Bei der Zeugin handelt es sich um die Referatsleiterin und OVG-Richterin, die für den Personalvorschlag für die Stellenbesetzung zuständig gewesen ist.
Zeugin sollte nicht befragt werden
Das Gericht selber legt nahe, die Frau nicht im Landtag zu befragen. Demnach solle eine "vorherige (weitere) Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss aus Gründen der Rücksichtnahme gegenüber dem laufenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterbleiben", heißt es in dem Papier.
Dieser ungewöhnlichen Einstufung war jedoch ein Schreiben aus Limbachs Ministerium vorausgegangen, was die Opposition im Landtag als Einflussnahme auf die Genehmigung auslegt. In dem Papier wird differenziert dargelegt, dass es auch Gründe gebe, die gegen eine Befragung im Ausschuss sprechen würden. Auch das ist normalerweise unüblich, heißt es aus Justizkreisen.
FDP warnt vor weiterem Vertrauensverlust
FDP-Fraktionschef Henning Höne warnte den Justizminister, er sei gut beraten, "das Parlament zu unterstützen." Sonst verliere man ganz viel Vertrauen. "Limbach hat durch sein Verhalten schon ganz viel Vertrauen im Justizbereich zerstört und er scheint sich leider weiter auf diesem Pfad zu bewegen", sagte Höne dem WDR. Tatsächlich hatte es in der Sache schon mehrfach Rücktrittsaufforderungen gegen Limbach vonseiten der Oppositionsparteien SPD, FDP und AfD gegeben.
Bei einer nicht-öffentlichen Sitzung des Ausschusses war der Vorgang am vergangenen Donnerstag kein Thema, obwohl die Befragungsgenehmigung noch nicht vorlag. Klaus Voussem (CDU), der Vorsitzende des Ausschuss, erklärte nach der Sitzung, dass man den Vorgang nicht besprochen habe. Er gehe davon aus, dass am Montag die geplanten Zeugen erscheinen werden. "Wenn sich alle an die kommunizierten Zeitabläufe halten, dürfte es nicht zu Konflikten bei den Befragungen kommen", sagte Voussem.
Befragungserlaubnis soll erteilt werden
Den Ausschuss selber dürfte das Thema in öffentlicher Sitzung dann am Montag beschäftigen. Dann werden zwei Zeugen befragt. Auch die angesprochene Richterin wird offenbar dann von den Abgeordneten aussagen. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte dem WDR, dass man die Befragungsgenehmigung erteilen werde.
Ärger auch um Aktenlieferungen
Damit aber nicht genug: Verstimmt ist die Opposition auch über die zögerliche Lieferung von Akten aus dem Justizministerium. Die waren nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses angefordert worden, mit Frist Anfang September. Die Frist verstrich - erst am vergangenen Dienstag, weniger als eine Woche vor der ersten Zeugenvernehmung kamen laut SPD die Akten aus dem Ministerium. Insgesamt fast 20.000 Seiten. Für die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss Nadja Lüders ist das ein Affront: "Uns erst dreineinhalb Werktage vor der ersten Vernehmung die Akten aus seinem Haus zur Verfügung zu stellen, ist an Unverschämtheit kaum zu überbieten". Sie wirft Limbach vor, den Untersuchungsausschuss "torpedieren" zu wollen.
Unsere Quellen:
- Artikel Westdeutsche Allgemeine Zeitung
- Vertrauliche Kommunikation zwischen Ministerium und OVG
- Eigene Recherchen der Autoren
- Gespräche mit Landtagsabgeordneten