Gegenseitige Rücktrittsforderungen, immer neue Details - und weitere Abgänge. Ex-Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser steht auch am Montag nach ihrem Rücktritt politisch unter Druck - und mit ihr die CDU. Am Montagnachmittag erfuhr der WDR, dass Heinen-Esser künftig auf einen Sitz im Landtag verzichten will, sollte sie bei der Wahl im Mai ein Mandat erhalten.
Kurz vor der Landtagswahl forderte die CDU in NRW dagegen den Rücktritt von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz. Am Montagnachmittag kam die Grünen-Politikerin den Forderungen nach. Beide Politikerinnen stehen wegen ihres Reise-Verhaltens im Flutsommer 2021 in der Kritik.
Spiegel tritt zurück - nach Forderungen aus der CDU
CDU-Parteichef Friedrich Merz und andere Unions-Politiker forderten seit dem Wochenende die Ablösung von Spiegel, die sich am Sonntagabend öffentlich für einen vierwöchigen Frankreich-Urlaub nach der Flut entschuldigt. Am Montagnachmittag gab die Bundesfamilienministerin auf: "Ich tue dies, um Schaden vom Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen steht."
Die Grünen-Politikerin war bis 2021 unter anderem Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. "SPD und Grüne haben sich hier in Nordrhein-Westfalen in der letzten Woche moralisch sehr hoch aufgeschwungen und über Ursula Heinen-Esser gerichtet", hatte Ministerpräsident Hendrik Wüst am Montagmorgen am Rande eines Termins in Wuppertal gesagt. "Die müssen jetzt klarstellen, ob diese Ansprüche unabhängig vom Parteibuch gelten oder nur dem Wahlkampf geschuldet waren."
SPD erneuert Rücktrittsforderung an Scharrenbach
Kurz nach Spiegels Rückzug reagierte dann die NRW-SPD - und erinnerte den CDU-Landeschef an seine Worte. "Hendrik Wüst hat viel zu lange nur zugeschaut. Heute hat er sogar das Wort 'Glaubwürdigkeitstest' 'in den Mund genommen, selbst aber wieder nicht gehandelt", sagte SPD-Landesgeneralsekretärin Nadja Lüders. "So darf sich ein Ministerpräsident nicht präsentieren. Nach dem konsequenten Schritt von Frau Spiegel muss Wüst endlich Ina Scharrenbach entlassen, wenn er seinen eigenen Worten noch glaubt."
In Düsseldorf war Heinen-Esser am Donnerstag von ihrem Amt zurückgetreten, nachdem bekanntgeworden war, dass sie wenige Tage nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 mit weiteren Regierungsmitgliedern - unter anderem Heimat- und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) - auf Mallorca einen Geburtstag gefeiert hatte.
Scharrenbach massiv in der Kritik
NRW-Kommunalministerin Scharrenbach (Platz 2 der CDU-Landesliste) sagte dem WDR, ihr tue leid, was für ein Bild entstanden sei. Die Oppositionsparteien werfen ihr vor, im Untersuchungsausschuss ihren Mallorca-Aufenthalt verschwiegen zu haben. Sie sei "dienstlich nicht abwesend" gewesen, sondern immer erreichbar gewesen, erklärte Scharrenbach.
In Scharrenbachs Kalenderauszug, der dem WDR-Magazin Westpol vorliegt, kann man allerdings nicht nachvollziehen, wo die Ministerin ihre Amtsgeschäfte wahrnahm. Auch alle anderen Dokumente, die sie dem Untersuchungsausschuss zugeleitet hat, lassen keine Rückschlüsse zu, wann Scharrenbach tatsächlich wo war.
CDU-Politiker Schramma: Ex-Ministerin eine "Belastung"
Die Kritik an den Mallorca-Reisenden kommt immer stärker auch aus den eigenen Reihen: Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) forderte am Montagvormittag Heinen-Essers kompletten Rückzug. "Sie ist eine Belastung", sagte Schramma. Die Sätze zeigten offenbar Wirkung.
Denn die zurückgetretene NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) wird nach WDR-Informationen auf einen Sitz im neuen Landtag verzichten, sollte sie am 15. Mai bei der Landtagswahl per Direktmandat oder über die Landesliste in den Landtag einziehen. Heinen-Esser tritt - als Direktkandidatin und auf Platz 6 der Landesliste - bei der Wahl am 15. Mai an. Bislang gehört sie dem Landesparlament nicht an.
Ex-Umweltministerin als Vielfliegerin
Unterdessen werden neue Details zu den Flügen von Heinen-Esser bekannt. Dem WDR liegen die Flugtickets von und nach Mallorca vom 15. Juli 2021 vor, als die damalige Ministerin wegen der Flut kurz nach Düsseldorf - aber dann am 16. Juli abends wieder zurück nach Palma flog. Zudem liegen die Rückflug-Tickets der Familie vom 25. Juli vor. Demnach ist Ex-Umweltministerin Heinen-Esser Vielfliegerin mit Senator-Status.
Die SPD im Landtag will von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst wissen, wie und wann genau er von der umstrittenen Feier auf Mallorca erfahren hat. Wüst hatte betont, erst vor ein paar Tagen von Heinen-Essers Feier erfahren zu haben.
Und die Sache mit dem Stinkefinger
Dass Nordrhein-Westfalens Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) am Berliner Flughafen auf eine Frotzelei des Duisburger SPD-Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir in aller Öffentlichkeit mit der "Stinkefinger-Geste" reagierte, erscheint in der Affäre schon fast als Kleinigkeit. Beide Politiker bestätigte den Vorfall am Wochenende. Özdemir - parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium - hatte Holthoff-Pförtner, der ebenfalls bei der Geburtstagsfeier auf Mallorca anwesend war, nach dem Boarding gefragt, ob der denn im richtigen Flieger sei.