Knapp war es - für die NRW AfD bei der letzten Landtagswahl. Stimmverlust. Mit 5,4 Prozent zog die Rechts-Partei im Mai 2022 erneut ins Düsseldorfer Parlament. "Wir werden eine Initiative West brauchen", kommentierte Bundesparteichef Tino Chrupalla damals noch in der Wahlsendung das Ergebnis.
Das Verhältnis zwischen Bundes- und Landesverband war nicht immer das Beste. Die AfD in NRW war nie das Lieblingskind der Parteioberen. Immer wieder gab es Druck aus Berlin. So eine erkennbare “Initivative West“ gab es aber bis heute nicht. Deutlich mehr Zuspruch gibt es jetzt trotzdem. Aktuell bekäme die NRW AfD 15 Prozent der Stimmen im Land - eine Verdreifachung in nur einem Jahr.
Inszenierte Einigkeit
Die Stimmung zwischen Bundes AfD und dem NRW Verband hat sich längst gebessert. Die Co-Vorsitzende Alice Weidel kam im Frühling extra zum Landesparteitag nach Marl. Für Fraktions- und Landeschef Martin Vincentz gab es nur Lob. Das Verhältnis sei "wirklich toll", so Weidel.
Zufall? Wohl kaum. Aus Parteikreisen erfahren wir von Medientrainings. Souveräneres, geeinteres und professionelleres Auftreten nach Außen – die gemeinsame Strategie.
Zwar professionalisiert sich die AfD weiter, die aktuellen Rekordwerte lassen sich aber wohl eher durch die Unzufriedenheit mit den regierenden Ampel-Parteien erklären. So würden bundesweit zwei Drittel der AfD Wähler ihre Stimme aus Enttäuschung über andere Parteien der AfD geben - und nur ein Drittel aus Überzeugung. Auch in NRW ist eine Mehrheit der Menschen aktuell unzufrieden mit der Arbeit der Landesregierung.
Vincentz schreibt sich Erfolg zu
AfD Landesparteichef Vincentz weiß, dass seine Partei in Krisenzeiten mehr Zulauf bekommt. Tatsächlich tritt die Fraktion im Landtag mittlerweile etwas ruhiger auf und hofft mit sachlicheren Anträgen und gemäßigteren Tönen beim Wähler zu punkten. Daher sieht der Fraktionschef auch Erfolg in seinem parlamentarischen Kurs. "Auf der einen Seite benennen wir die Dinge klar, wie sie sind, auf der anderen Seite zeigen wir aber mit starker Sachpolitik auf, wie wir gedenken diese Problem dann auch zu lösen."
"Passiver Profiteur"
Aber kann sich der Landesverband die aktuellen 15 Prozent auch wirklich zuschreiben? Kaum, sagt Politikwissenschaftler Martin Florack. Die NRW AfD könne sich mittlerweile auf eine Stammwählerschaft verlassen, profitiere "aber auch von aktuellen Ereignissen und Krisenlagen, die bei der AfD einzahlen". Es sei nicht das "Programmangebot, das Personal oder - erst recht nicht - das landespolitische Wirken der Partei". Die NRW AfD sei der "passive Profiteur einer Stimmungslage, die jetzt in Richtung NRW auch durchschlägt".
In der Mitte angekommen?
Im Landtag sieht man die verbesserten Umfragewerte und den Sieg des AfD Landrats-Kandidaten Sesselmann in Thüringen als Bestätigung. Man sei in der "Mitte der Gesellschaft" angekommen, so der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion in NRW, Andreas Keith.
Keith hofft auf Zusammenarbeit mit den konservativen Christdemokraten und, "dass die CDU dieses Signal aus Thüringen wahrnimmt und, dass es dann im kommunalen Bereich verstärkt zur Zusammenarbeit im Sachbereich kommt."
Auf landespolitischer Ebene wird es wohl kaum zu einer Zusammenarbeit mit den anderen Parteien im Landtag kommen. CDU, SPD, FDP und die Grünen teilten dem WDR mit, dass sie nicht jetzt, aber auch nicht in Zukunft, mit der AfD zusammenarbeiten, geschweige denn Koalitionen bilden wollen.
Bürgerlich-konservativ oder rechtsextrem?
Und dann steht auch in der NRW AfD der Rechtsextremismus im Raum. Es vergeht kein Interview mit Martin Vincentz, in dem er die bürgerlich-konservative Ausrichtung der Partei betont.
Er beschwört eine "Brandmauer zum Rechtsextremen“. In einer Partei, in der sein Amtskollege in Thüringen, Landeschef Björn Höcke, nach einem Gerichtsurteil, klar rechtsextrem genannt werden darf und in der der Bundesverband wegen Rechtsextremismusverdacht vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Hinter dem bürgerlich konservativem Anstrich stecken auch in NRW Strömungen die klar rechtsextreme Positionen einnehmen. Aus Parteikreisen in NRW hört man sogar, dass sich einige Sorgen machen: Starke klar rechtsextreme Kräfte in der eigenen Partei könnten sich im NRW Verband durchsetzen und am Ende wieder Wählerstimmen kosten.
Und dennoch rückt man in der erfolgsschwangeren AfD momentan enger zusammen. Der NRW-Verband in sich und der Bundes- mit dem Landesverband. Und eben auch die betont konservativ-bürgerlichen mit den klar rechtsextremen Stimmen.