Die NRW-Landesregierung hat einen Aktionsplan gegen Einsamkeit vorgelegt. Er umfasst rund 100 Maßnahmen und wurde am Dienstag in Düsseldorf von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und der Einsamkeitsforscherin Maike Luhmann vorgestellt. Die Professorin der Ruhr-Universität Bochum betonte: "Einsamkeit betrifft hunderttausende Menschen in Nordrhein-Westfalen - und zwar Menschen jeden Alters." Wichtig war ihr die Unterscheidung zwischen freiwilligem Alleinsein und chronischer Einsamkeit, die die Gesundheit belasten könne.
Auch Hendrik Wüst erinnerte daran, dass Einsamkeit kein "Alte-Leute-Thema" ist. Die Pandemie habe gezeigt, wie sehr auch Kinder und Jugendliche betroffen seien. "Wer sich dauerhaft einsam fühlt, dem geht das Gefühl, Teil der Gesellschaft zu sein, verloren." Die Folge sei auch eine größere politische Verführbarkeit, warnte Wüst und sagte, der Kampf gegen Einsamkeit sei "ein Kampf um Menschen und um die Demokratie".
Der Aktionsplan
Der Ministerpräsident bezeichnete den nun vorgelegten Aktionsplan als "Herzstück unserer Strategie gegen Einsamkeit". Zuvor hatte es bereits im Juni eine Einsamkeitskonferenz der Landesregierung in Düsseldorf gegeben und einen Aufruf zur Online-Beteiligung, um Ideen zu sammeln. Knapp 200 konkrete Vorschläge kamen so zusammen, beigesteuert von Vereinen, Verbänden, Initiativen und Privatpersonen.
So schlägt Martina Lindheimer aus Wuppertal vor: "Kostenfreie Angebote, bei denen Menschen sich begegnen können, wo sie sich aufhalten können, mit freiem WLAN, gemütlichen Sitzgelegenheiten, ohne Verzehr- und Konsumzwang und ohne Vorbedingungen."
Mit dem Aktionsplan baut die Landesregierung aus CDU und Grünen auf die Vorarbeit der letzten Legislaturperiode auf. Eine Enquetekommission hatte damals 65 Handlungsempfehlungen ausgearbeitet.
Die 100 Maßnahmen im Einzelnen
Unter den 100 Einzelpunkten des Aktionsplans finden sich sehr unterschiedliche Maßnahmen. Neben den bereits umgesetzten Punkten - Einrichtung einer Stabsstelle Einsamkeit bei der Staatskanzlei, einer Online-Plattform gegen Einsamkeit und eines Newsletters - sind auch Ideen für konkrete Projekte aufgelistet wie "Der Engagementpreis der Landesregierung 2026 könnte grundsätzlich zum Schwerpunkt Einsamkeit ausgelobt werden".
Zudem haben die Ministerien Anregungen für ihren jeweiligen Fachbereich beigesteuert. Das Gesundheits- und Sozialministerium beispielsweise wird die Landesinitiative "Endlich ein Zuhause!" für Wohnungslose um das Thema Einsamkeit ergänzen und will es "beispielsweise im Rahmen von Fortbildungen" aufgreifen.
Das Innenministerium will die Einsatzkräfte der Polizei für die Problematik sensibilisieren, unter anderem durch Flyer und Plakate. Und das Schulministerium plant, Lehrkräften Informationen zur Einsamkeit über die Seiten der Landesstelle Schulpsychologie im "Bildungsportal NRW" sowie "Schule NRW" online bereitzustellen.
Luhmann fordert Datenmonitoring
Dass der Aktionsplan Einsamkeit nur eine Etappe im Kampf gegen die Einsamkeit sein kann, betonte Maike Luhmann von der Ruhr-Universität Bochum. Sie unterstrich, dass eine wissenschaftliche Evaluation der Maßnahmen nötig sei, um zu erfahren, welche Maßnahmen besonders wirksam sind. Sie wünscht sich ein "regelmäßiges Datenmonitoring". Und da die Einsamkeit nicht nur in Nordrhein-Westfalen ein Thema sei, sondern "überall viele gute Ideen" entwickelt würden, schlägt sie vor, dass die Landesregierung "aktiv den Austausch im In- und Ausland sucht".
Spontan sicherte der Ministerpräsident zu, in fünf Jahren eine weitere Studie in Auftrag zu geben, die untersuchen soll, welche Fortschritte in der Bekämpfung der Einsamkeit gemacht wurden. Denn darin waren sich der Politiker und die Wissenschaftlerin einig: Schnelle Erfolge werde man nicht erzielen, es sei eine längerfristige Aufgabe für Politik und Gesellschaft.
Unsere Quellen:
- Pressekonferenz der NRW-Staatskanzlei
- Aktionsplan der Landesregierung