NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wird die unangenehme Diskussion um seine Rolle bei der Rahmedetalbrücke nicht los. Im Landtag hat die Opposition am Mittwoch den Druck noch einmal erhöht. Indirekt wurde sogar mit einem Untersuchungsausschuss gedroht. Sollte es so weit kommen, würde der Fall noch monatelang weiterdiskutiert werden.
Konkret geht es um die die Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, dass der Neubau der Rahmedetalbrücke auf der A45 in den Jahren vor ihrer Sperrung immer weiter verschoben wurde. NRW-Verkehrsminister war zu dieser Zeit Wüst. Und der ist zuletzt unter Druck geraten. Es ist nämlich nicht klar, ob und wann Wüst damals in die Prozesse involviert war und Bescheid wusste. Zusätzlich ist jetzt noch bekannt geworden, dass möglicherweise aufschlussreiche E-Mails der Landesregierung nicht mehr auffindbar sind.
Opposition protestiert wegen gelöschter Mails
Genau das nutzt nun die Opposition, um den Vorwurf der Vertuschung in den Raum zu stellen. "Wie brisant muss eigentlich ein Mailverkehr gewesen sein, dass die Landesregierung anscheinend vorsätzlich zum Mittel des Löschens greift?", sagte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt. Wovor hätten Wüst und andere Verantwortliche "so viel Angst, dass es ans Tageslicht kommt?" AfD-Redner Klaus Esser sprach von "wahrscheinlicher Vertuschung".
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne bezeichnete es als "sehr großen und vor allem sehr angenehmen Zufall" für die Landesregierung, dass die Mails "genau an den Stellen" stoppten, "wo es spannend wird". Ihm falle es "schwer", das "wirklich zu glauben". Höne warf sogar die Frage auf: "Welches Verhältnis hat dieser Ministerpräsident eigentlich zur Wahrheit?" Denn der Versuch, die Verantwortung rund um die Entscheidungen zur Rahmedetalbrücke auf die Fachebene abzuschieben, sei gescheitert. Es stehe der Verdacht im Raum, dass die Öffentlichkeit "bewusst" getäuscht worden sei.
Zudem machte der Fraktionschef deutlich, dass der Druck auf die Landesregierung nicht reduziert werde - im Gegenteil. "Der Instrumentenkasten der Opposition ist groß und der ist in dieser Frage noch lange nicht ausgeschöpft", sagte Höne und spielte damit indirekt darauf an, dass es auch einen Untersuchungsausschuss zu dem Fall geben könnte. Die AfD ging kurz danach genau diesen Schritt und beantragte die Einsetzung eines solchen Gremiums. Allerdings hat die Fraktion nicht genug Mitglieder, um das alleine durchzubringen.
Wüst will nicht sprechen
Trotz der direkten Vorwürfe nutzte Wüst die Landtagsdebatte nicht, um selbst Stellung zu nehmen. Am Dienstag hatte er Fragen von Journalisten dazu beantwortet und zurückgewiesen, dass rechtswidrig Mails gelöscht worden seien.
Im Landtag ergriff am Mittwoch stattdessen Nathanael Liminski das Wort. Der Chef der Staatskanzlei verwies auf Wüsts Aussagen vom Vortag und behauptete, die Transparenz der Landesregierung suche "eher ihres Gleichen als dass sie zu Wünschen übrig lässt". Der Vorwurf, dass Mails nicht ordentlich zu den Akten gelegt worden seien, sei "ungeheuerlich".
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Krauß, warf der Opposition vor, im Nachhinein die "erfolgreiche Arbeit des ehemaligen Verkehrsministers zu diskreditieren". Es gebe lediglich "Behauptungen", "Mutmaßungen" und "Spekulationen".
Verkehrsminister empört Opposition
Zusätzlichen Wirbel erregte am Mittwoch der neue Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Auch er steht im Fokus, da er im vergangenen Jahr noch behauptet hatte, sein Ministerium besitze keine Akten mehr, die Auskunft darüber geben, wann und wie der damalige Verkehrsminister Wüst vom Neubau-Aufschub der Rahmedetalbrücke erfahren hat. Diese Woche bekam der WDR jedoch Unterlagen aus dem Verkehrsministerium zugespielt, nachdem das Portal "T-Online" darüber berichtet hatte. Aus denen geht genau hervor, wann und wie diese Angaben für Wüst zusammengestellt wurden.
In der Landtagsdebatte warf Krischer nun der Opposition vor, die Abläufe in seinem Ministerium zu behindern. "Ich erlebe eine Opposition, die nichts beiträgt. Die im Gegenteil mit unsinnigen und fragwürdigen Kleinen Anfragen die Menschen von der Arbeit abhält." Krischer meinte damit das Recht des Parlamentes, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren, indem Fragen gestellt werden können, die dann zeitnah beantwortet werden müssen. SPD und FDP reagierten empört und warfen dem Minister "Arroganz" vor.
Kein Fahrplan für neue Brücke
Ungeachtet all der Aufregung ist die wichtigste Sache weiterhin ungelöst. Noch immer ist unklar, wann die gesperrte Brücke gesprengt, neu gebaut und wieder befahrbar sein wird. Seit der Sperrung im Dezember 2021 quälen sich täglich rund 20.000 Fahrzeuge - davon rund 6.000 Lastwagen - über Umleitungsstrecken durch Lüdenscheid.