Das Problem ist nicht neu: Seit Jahrzehnten beklagen Wasserwerke, dass die Landwirtschaft ihren Pflichten nicht nachkommt und das wichtigste Nahrungsmittel Trinkwasser belastet.
Klage gegen zu viel Gülle
Die Deutsche Umwelthilfe – seit dem Dieselskandal bekannt für ihre Klagefreude – macht nun auch beim Nitrat Druck. Um den Gewässerschutz zu verbessern, hat sie die Bundesrepublik verklagt. Zwar unterlagen die Umweltschützer zunächst vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, doch die Begründung des Urteils liest sich fast wie ein Erfolg. Formale Gründe seien dafür verantwortlich, dass die Klage abgewiesen wurde, erläutert eine Gerichtssprecherin: "Die Deutsche Umwelthilfe ist nicht deshalb gescheitert, weil Deutschland schon genug tut, um die EU-Vorgaben zum Gewässerschutz zu erfüllen."
Umstrittene Düngeregeln
Tatsächlich hatte der Bundeslandwirtschaftsminister auf Druck der EU die Düngerichtlinien schon im vergangenen Jahr verschärft. Die Flächen, auf denen Bauern nun mit weniger Dünger auskommen müssen, wurden verdreifacht – von rund 160.000 Hektar auf gut 500.000 Hektar. In diesen Gebieten gelten seitdem für alle Landwirte die gleichen Regeln. Bauern kritisieren dies ebenso wie Umweltschützer und Landespolitiker.
Sorgsame Landwirte benachteiligt
In Bornheim bei Bonn muss sich auch Gemüsebauer Norbert Pesch nun daran halten. Seit dem vergangenen Jahr darf er nur noch er 80 Prozent der zuvor erlaubten Menge einsetzen. Und in mehreren Monaten des Jahres ist ihm das Düngen komplett verboten.
Damit er weiterhin auf den gleichen Ertrag kommt wie vorher, lässt er Regenmengen und Nährstoffgehalte nun regelmäßig von Experten der Landwirtschaftskammer untersuchen. Den Dünger bringt er nicht mehr auf einmal aus, sondern in vier kleineren Rationen. "Ich muss viermal Traktor fahren statt einmal und alles aufwändig dokumentieren", sagt Bauer Pesch. "Das ist teuer." Zudem findet er die neue Regelung ungerecht, denn schon zuvor habe er weniger gedüngt als viele Kollegen. Dennoch müssten alle nun 20 Prozent einsparen.
Auch Bio-Bauern betroffen
Unterstützung bekam der Landwirt in dieser Woche von den Fraktionen der CDU und der Grünen im Landtag. "Sogar Biobauern, deren Felder in den als belastet ausgewiesenen Gebieten liegen, müssen nun 20 Prozent Dünger sparen, obwohl sie traditionell wenig düngen", klagt Norwich Rüsse von den Grünen, der selbst einen Biohof betreibt. Er fordert, den Düngeeinsatz künftig für jeden Betrieb gezielt festzulegen und zu kontrollieren. Was nötig ist, sollte auch erlaubt sein.
Schwarze Schafe ertappt
Tatsächlich sind es wohl vor allem die schwarzen Schafe, die für die hohe Nitratbelastung der Gewässer verantwortlich sind - allerdings nicht die auf vier Beinen, sondern die auf dicken Reifen. Im vergangenen Jahr wurden allein in der Emsregionen 90 Landwirte ertappt, die viel zu viel Gülle auf die Felder gekippt hatten. Unter denen müssten die sauber arbeitenden Landwirte leiden, sagt auch Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe: "Es gibt natürlich ganz viele Landwirte, die korrekt düngen und auf diese Dinge achten. Es gibt auch viele Gegenden mit Massentierhaltung mit dramatischer Überdüngung, die dazu geführt hat, dass sogar Trinkwasserbrunnen geschlossen werden mussten."
Die schwarzen Schafe unter den Landwirten entdecken und die sauber arbeitenden Bauern unterstützen will auch die Landesregierung. Wie es aussieht, wäre es eine Regelung, mit der sowohl die meisten Bauern als auch die Umweltschützer leben könnten. Entscheiden muss es am Ende aber der Bund. Der hat sich bislang nicht geäußert.
Über das Thema berichten wir am 28.01.24 in Westpol im WDR Fernsehen.