Die schwarz-grüne Landesregierung hat die heftig umstrittene Tausend-Meter-Abstandsregel für Windräder aufgeweicht. Eine entsprechende Änderung des betreffenden "Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches" haben die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen Mittwochabend im Landtag beschlossen.
Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sagte während der Debatte, mit der Gesetzesänderung würden "die Segel gesetzt in Richtung mehr Windkraft - und das ist richtig". Zum Ende Ihrer Rede fasste sie das Vorhaben auf den Slogan "WWW - wir wollen Wind" zusammen. Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Röls betonte: "Heute ist ein guter Tag für die Windenergie in Nordrhein-Westfalen".
Repowering künftig erleichtert
Laut Beschluss findet der Mindestabstand in Zukunft beim so genannten Repowering keine Anwendung mehr. Bei diesem Verfahren werden alte Windräder abgebaut und am gleichen Standort durch neue, in aller Regel leistungsfähigere Anlagen ersetzt.
Die Tausend-Meter-Regel greift künftig auch nicht mehr in so genannten Windenergiegebieten. Das sind Flächen, die in den Flächennutzungsplänen der Gemeinden und in den Regionalplänen für Windräder vorgesehen sind. Mit dieser Änderung setzt das Land eine Vorgabe des Bundes um, die die Ampelregierung im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) festgeschrieben hat. Es war Anfang Februar in Kraft getreten.
Für alle anderen geplanten Windräder bleibt die Tausend-Meter-Regel dagegen bestehen. Sie besagt, dass Windräder in NRW grundsätzlich nur an Standorten gebaut werden dürfen, die mindestens 1.000 Meter von Wohngebäuden entfernt sind.
CDU und FDP hatten Tausend-Meter-Regel eingeführt
Hierbei handelt es sich um eine nordrhein-westfälische Sonderregel, die die damals noch schwarz-gelbe Landesregierung im Sommer 2021 eingeführt hatte. Seitdem ist dieses Gebot politisch umstritten. Denn ohne diese Sonderregel dürften Windräder im Abstand von zumeist 720 Metern zu Wohnhäusern entstehen. Das wiederum würde die Fläche, auf der Windräder gebaut werden dürfen, mit einem Schlag um 42 Prozent erhöhen – das haben Berechnungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) ergeben.
Die oppositionelle SPD hatte deshalb in einem weitergehenden Gesetzentwurf die vollständige Abschaffung der Tausend-Meter-Regel gefordert. In Richtung von CDU-Ministerin Scharrenbach sagte ihr wirtschaftspolitischer Sprecher André Stinka: "Sie haben jahrelang gegen Windkraftrausbau Politik betrieben. Sie haben jahrelang bewiesen, dass sie Windkraft nicht wollen." Den Grünen warf Stinka in der Debatte "mangelndes Rückgrat" vor.
Tatsächlich hatten die Grünen seit ihrer Einführung gegen die Tausend-Meter-Regel gewettert. In den Koalitionsverhandlungen mit der CDU im vergangenen Sommer konnten sie die komplette Abschaffung dieses Mindestabstands jedoch nicht durchsetzen. Der Kompromiss im Koalitionsvertrag sieht seitdem eine schrittweise Abschaffung der Tausend-Meter-Regel vor. Die ersten beiden Schritte sind nun gemacht – mit dem Wegfall der Regel für das Repowering und in Windenergiegebieten.
Endgültiges Aus für Tausend-Meter-Regel Mitte 2024
Der dritte Schritt zur dann vollständigen Abschaffung dieser Abstandsregel steht aber erst noch bevor. Er wird noch länger auf sich warten lassen. Für alle anderen Windräder wird die Tausend-Meter-Regel nämlich erst abgeschafft, wenn die neuen Regionalpläne in Kraft treten. An denen arbeiten die Regionalplanungsbehörden bereits – parallel zum neuen Landesentwicklungsplan (LEP), der aktuell im Wirtschaftsministerium entsteht.
Im Mai 2024 soll die Änderung des LEP abgeschlossen sein. Frühestens ab dann können die neuen Regionalpläne verabschiedet werden. Dafür haben die Regionalplanungsbehörden bis spätestens Ende 2027 Zeit, auch das ist eine Vorgabe des Bundes.
Zu diesem Zeitpunkt ist die Legislaturperiode allerdings schon abgelaufen. Bis zu deren Ende hatten CDU und Grüne den Neubau von eintausend zusätzlichen Windrädern versprochen.
Die Zeit drängt also.