Der Regierungsbezirk Köln kann wohl nicht genügend Flächen für Windräder ausweisen. Das schreibt Regierungspräsident Thomas Wilk an das Energie- und Wirtschaftsministerin des Landes in einem Brief, der dem WDR vorliegt. Damit steht der zentrale Mechanismus der schwarz-grünen Landesregierung zum Ausbau der Windenergie auf der Kippe.
"Militärische Luftfahrtbelange" sind das Problem
Nordrhein-Westfalen muss laut Bundesgesetz 1,8 Prozent seiner Landesfläche für Windenergie zur Verfügung stellen. Das Land hat deshalb die Regionalplanungsbehörden mit der Ausweisung von Windenergiegebieten mit jeweils einer bestimmten Mindestgröße beauftragt. Demnach muss die Kölner Bezirksregierung 15.682 Hektar für Windräder zur Verfügung stellen. Doch genau das wird sie nach eigener Einschätzung nicht schaffen, und zwar "infolge militärischer Luftfahrtbelange", wie es in dem Schreiben des Regierungspräsidenten heißt.
In Nörvenich befindet sich ein Flugplatz der Luftwaffe, in Geilenkirchen einer der Nato. Der Kölner Regierungsbezirk ist deshalb von militärischen Flugrouten durchzogen. Problematisch ist vor allem die so genannte Minimum Vectoring Altitude (MVA). In den betroffenen Gebieten müssen Militärflugzeuge in definierten Mindesthöhen sicher und ohne Hindernisse fliegen können. Für Windräder bedeutet das: Sie dürfen nicht beliebig hoch gebaut, sondern können "nur bis zu einer bestimmten Anlagenhöhe zugelassen werden", so formuliert es Wilk.
Erreichen des Flächenziels "voraussichtlich nicht möglich"
"30,4 Prozent der Fläche des Regierungsbezirks Köln unterliegen dabei einer voraussichtlichen Bauhöhenbeschränkung von maximal 250 m oder niedriger über der Geländeoberfläche", schreibt er in seinem Brief. Legt man eine Maximalhöhe von 200 Metern für Windräder zu Grunde, kommen immer noch rund 20 Prozent der Fläche nicht in Frage. "Selbst bei einer maximalen Anlagenhöhe von 150 m ist ein Erreichen des Teilflächenbeitragswertes im Regierungsbezirk Köln voraussichtlich nicht möglich", warnt Wilk. Er kündigt deshalb an, dass seine Behörde die Planung für die Windrad-Gebiete "zunächst lediglich für einen Teilraum des Regierungsbezirks Köln fortführen wird."
Moderne Windräder sind erst ab einer Höhe von rund 200 Metern wirtschaftlich zu betreiben, so eine aktuelle Faustregel der Branche. Zugleich dürfen die Bezirksregierungen nur solche Areale als Windenergiebereiche ausweisen, in denen die Windräder sich für die Betreiber auch rechnen. Deshalb sind die Militär-Flugrouten ein Problem für das Windrad-Flächenziel der Kölner Bezirksregierung. "Wir erbitten seitens der Landesregierung eindeutige Aussagen, ohne die in den MVA-Zonen eine weitere Planung nicht möglich ist", schreibt Wilk in seinem Brief. So will er beispielsweise vom Ministerium wissen, ab welcher Höhe er Windräder als "wirtschaftlich betreibbar" annehmen kann.
Keine Lösung in Sicht
Wilks Brief ist bereits mehrere Wochen alt, er datiert vom 2. August. Eine Lösung haben die Beteiligten seitdem offenbar nicht gefunden: Man befinde sich aktuell im "Abstimmungsprozess" mit dem Energie- und Wirtschaftsministerium, lässt die Bezirksregierung Köln wissen. Fragen des WDR zum Thema wollte sie nicht beantworten.
Das Grünen-geführte Ministerium räumt ein, dass die Höhenbeschränkungen eine "Herausforderung für den Windenergieausbau in den Kreisen Düren und Heinsberg" sind. "Die zuständige Bundeswehr gibt hierzu bisher erst im konkreten Genehmigungsverfahren eine Stellungnahme zu einem Bauantrag für eine Windenergieanlage ab", heißt es weiter. Man befinde sich "im engen, vertrauensvollen Austausch mit der Bezirksregierung Köln zur Aufstellung des Regionalplans."
Bereits im August hatte der WDR berichtet, dass das Landesumweltamt (LANUV) in seiner Windrad-Potenzialstudie nicht berücksichtigt hat, wie groß die Einschränkungen für Windparks durch militärische Flugrouten sind. Diese Untersuchung war eine maßgebliche Grundlage für die 15.682-Hektar-Vorgabe, die das Land der Bezirksregierung Köln gemacht hat.
Über dieses Thema berichtet der WDR auch im Hörfunk, beispielsweise in den Nachrichten ab 06 Uhr.