Warum deutsche Flughäfen mit dem Ausland nicht mithalten können

Stand: 23.01.2025, 06:00 Uhr

Die deutschen Flughäfen stecken in der Krise, ausländische Airports arbeiten günstiger. Warum ist das so und was heißt das für Passagiere und den Sommer-Urlaub?

Von Oliver Scheel

Draußen ist es kalt, drinnen gemütlich: Eine gute Zeit, sich schonmal um den Sommer-Urlaub zu kümmern. Doch der Flug an einen hübschen Strand könnte dieses Jahr teurer werden. Die Steuern und Gebühren sind in Deutschland weiter gestiegen. Und zwar so hoch, dass Ryanair-Chef Michael O'Leary Deutschland gar einen "Luftfahrt-Friedhof" nannte.

Tatsächlich erholt sich der deutsche Luftfahrt-Markt längst nicht so gut von der Corona-Delle wie viele europäischen Nachbarn. Laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) erreichte Deutschland im Jahr 2024 nur 84 Prozent der Flugbewegungen des Vor-Corona-Niveaus. Griechenland liegt aber bei 118 Prozent, Portugal bei 109 und Spanien bei 107 Prozent. In diesen Ländern wird also mehr geflogen als vor der Pandemie.

Ein deutscher Flughafen ist teurer als ein spanischer

Woran liegt das? Glaubt man den Flughafenbetreibern, dann ist die hohe Abgabenlast in Deutschland ein Problem. Tatsächlich, so hat es das Team vom Plusminus-Podcast berechnet, sind die Standortkosten in Deutschland bis zu sechsmal höher als zum Beispiel in Barcelona. Das liegt auch an der Luftverkehrsteuer, auch Ticketsteuer genannt. Die erheben neben Deutschland auch Frankreich und Großbritannien, nicht aber Spanien, Portugal oder die deutschen Nachbarländer Schweiz und Polen.

Plusminus-Podcast: Airlines meiden Deutschland - was läuft schie WDR Studios NRW 22.01.2025 24:34 Min. Verfügbar bis 23.01.2027 WDR Online

Die Luftverkehrsteuer beträgt 15,53 Euro für eine Kurzstrecke, 38,72 Euro für eine Mittelstrecke und 70,83 für die Langstrecke. Sie muss von allen Passagieren, die aus Deutschland abheben, gezahlt werden. Und sie schmälert den Gewinn der Airlines.

Dortmund verliert Ryanair - Eurowings reduziert

Die Steuer wurde schon im Jahr 2011 eingeführt. Sie sollte eine Lenkungswirkung entfalten, also die Zahl der Passagiere und damit die Emissionen senken. Und die Einnahmen aus dieser Steuer sind beachtlich: 2023 nahm der Staat 1,5 Milliarden Euro durch die Luftverkehrsteuer ein. Zum Vergleich: Die Steuereinnahmen aus der Alkoholsteuer betrugen im gleichen Jahr 2,16 Milliarden Euro.

Ryanair Flugzeug Flughafen Dortmund Dortmund | Bildquelle: imago images/Aviation-Stock

Die hohen Steuern und Gebühren führen aber nun dazu, dass Deutschland einen Standortnachteil hat. Airlines weichen aus, landen seltener in Deutschland. So kündigte Ryanair an, den Flughafen Dortmund ab Sommer 2025 gar nicht mehr anzufliegen. Laut Auskunft des Dortmunder Flughafens hoben im Jahr 2023 rund 460.000 Menschen mit Ryanair aus Dortmund ab. Gleichzeitig verkündete auch Eurowings, das Streckenangebot in Dortmund zu reduzieren.

Das Geld wird woanders verdient

Die Airlines verdienen im Ausland mehr. Plusminus macht ein Rechenbeispiel auf: Ein Kurzstreckenflug aus Deutschland mit 150 Passagieren kostet die Airline 2.330 Euro Luftverkehrssteuer. In Spanien oder der Schweiz zahlt sie null Euro. Die Abgaben beim Fliegen sind ohnehin hoch. Von einem Ticketpreis von 126,99 Euro für einen Flug von Stuttgart nach Lanzarote bleiben nur gut 39 Euro bei der Airline. Und damit muss sie ihre Flugzeuge, das Personal und die Wartungskosten bezahlen.

Deshalb ist Deutschland für die Airlines zunehmend unattraktiv. Plusminus zitiert Lufthansa-Chef Carsten Spohr: "Airlines haben in Europa 600 Flughäfen zur Verfügung, die sie verknüpfen können, da muss kein deutscher dabei sein." Geld wird also woanders verdient.

So gibt es laut ADV in Deutschland weniger Ziele und Strecken als vor zehn Jahren. "Im 10-Jahres-Vergleich von 2013 bis 2023 sind es 190 Strecken weniger", so der ADV.

Aber das ist auch nur die halbe Wahrheit: Denn es ist nicht nur die Luftverkehrsteuer, die das Fliegen verteuert. Vor allem die Gebühren für die Luftsicherheitskosten sind gestiegen. Außerdem muss der Treibstoff seit dem 1. Januar zwei Prozent nachhaltigen Kraftstoff enthalten. Und der ist momentan noch sehr teuer.

Laut Plusminus fehlt es auch an Personal und neuen Flugzeugen. Boeing und Airbus seien bis 2029 ausgebucht, zudem habe Boeing Probleme mit der Qualität der Flieger. Auch deshalb sei die Zahl der Strecken in Deutschland zurückgegangen.

Abschaffung der Steuer gefordert

Dennoch fordert der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) die Abschaffung der Luftverkehrsteuer: "Die erheblichen Mehrkosten verschlechtern die ohnehin schon kritische Lage der deutschen Luftverkehrswirtschaft und erfordern daher eine massive Korrektur bei Steuern und Gebühren. Die erst in diesem Jahr um 25 Prozent erhöhte Steuer muss dringend weg, auch um die Schere bei den Kosten zwischen Deutschland und dem übrigen Europa nicht noch weiter aufgehen zu lassen“, so Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

"Während unsere europäischen Nachbarn ihre Luftverkehrsindustrie durch niedrigere Gebühren und Steuern unterstützen, sehen wir hierzulande eine gegenteilige Entwicklung. Dies gefährdet Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands", sagt ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

Kerosin ist aber weiter steuerfrei

Trotz allem hat aber der nun von Ryanair geschnittene Flughafen Dortmund im Jahr 2024 einen Passagierrekord aufgestellt. Und nicht zuletzt unterstützt der Staat mit seiner großzügigen Steuerbefreiung von Kerosin die Luftfahrtbranche enorm. Das Statistische Bundesamt spricht von 70 Milliarden Euro Mindereinahmen in den Jahren 2014 bis 2023.

Dies kritisiert wiederum der Verkehrsclub Deutschland (VCD): "Im Ergebnis können Strecken innerhalb Europas für unter 30 Euro angeboten werden – klimaschonende Alternativen halten da nicht mit." Viele Forschende fordern daher, die Subventionen für den Luftverkehr ganz zu streichen. Denn sie verzerrten den Wettbewerb, vor allem gegenüber umweltfreundlicheren Alternativen.

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