Gefährliche Hunde: Worum es beim Streit um die Rasseliste geht

Stand: 28.10.2023, 16:05 Uhr

Seit mehr als 20 Jahren legt das Hundegesetz in NRW fest, welche Rassen als gefährlich gelten. Immer wieder fordern Hundesbesitzer die Abschaffung dieser Liste - auch bei einer Demo am Samstag in Düsseldorf.

Wann gilt ein Hund als gefährlicher Hund? Diese Frage lässt sich in NRW - zumindest juristisch - seit mehr als 20 Jahren ziemlich schnell und eindeutig beantworten. Es steht schwarz auf weiß im Landeshundegesetz, das im Dezember 2002 in Kraft trat.

Neben Hunden, die bereits Menschen oder andere Tiere gebissen oder angegriffen haben oder "mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausgebildet, gezüchtet oder gekreuzt" wurden, führt der Gesetzgeber in den Paragraphen 3 und 10 auch bestimmte Hunderassen auf, die per se als gefährlich gelten.

Genau diese Rasseliste sorgt seit der Verabschiedung des Gesetzes für Diskussionen zwischen Hundehaltern und dem Land. Aktuell fordert unter anderem der Tierschutzverein Düsseldorf die Abschaffung und hat nach eigener Aussage einen Vorschlag für ein neues Landeshundegesetz entworfen. Um dafür Aufmerksamkeit zu generieren, rief der Verein für Samstag zur Demo in der Landeshauptstadt auf.

Um was es bei dem Streit genau geht. Fragen und Antworten.

Wann und warum wurden die Hundegesetze verschärft?

Ein Auslöser für die Gesetzgebung bezüglich gefährlicher Hunde war der Angriff von zwei Hunden auf ein sechsjähriges Kind in Hamburg. Im Juni 2000 griffen zwei Pitbull-Mischlinge den kleinen Volkan Kaya auf einer Spielwiese an und verletzten den Jungen so schwer, dass er noch vor Ort starb. Die beiden Tiere ließen erst von ihrem Opfer ab, als ein Polizist einen der beiden Hunde erschoss. Auch der zweite Hund wurde auf der Flucht getötet.

In Folge dieses Angriffs entwarf die Bundesregierung ein Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde, das im Jahr darauf erlassen wurde. Ein Jahr später verabschiedete der NRW-Landtag das Landeshundegesetz.

Was kritisieren Hundehalter an den Rasselisten?

Die Kritik vieler Hundehalter und Tierschutzverbände richtet sich vor allem gegen die pauschale Verurteilung bestimmter Hunderassen als gefährlich. Der Tierschutzverein in Hamburg, wo seit dem Jahr 2000 eines der strengsten Hundegesetze Deutschlands gilt, lehnt beispielsweise ein generelles Haltungsverbot ab. Denn genau wie die Tierschutzorganisation Peta sieht der Tierschutzverein das Problem nicht beim Tier sondern beim Halter.

"Letztlich kann jeder Hund durch falsche Haltung, Missbrauch oder aufgrund von anderen Umständen Menschen oder anderen Tieren gegenüber aggressiv werden – völlig unabhängig von seiner Rasse", heißt es dazu auf der Webseite von Peta Deutschland.

Der Tierschutzverein Düsseldorf weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass diese "Verteufelung bestimmter Rassen" unter anderem dazu führe, dass immer mehr dieser Hunde in Tierheimen abgegeben würden, weil die Halter die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllen. "Das ist tierschutzwidrig, wissenschaftlich nicht haltbar und gaukelt der Bevölkerung eine Sicherheit vor, die es so nicht gibt", so der Tierschutzverein Düsseldorf.

Laut eigener Aussage schlägt der Tierschutzverein Düsseldorf ein geändertes Landeshundegesetz vor, "bei dem die Rasselisten entfallen aber Halterkunde vor Anschaffung eines Hundes erforderlich sein wird".

"Wir wollen erreichen, dass man einen theoretischen Nachweis über das Hundeverständnis erbringen muss, schon vor der Anschaffung des Hundes", sagt Winnie Bürger, stellvertretende Vorsitzende des Düsseldorfer Tierschutzvereins dem WDR.

Rasseliste für Hunde: Sinnvoll? 08:33 Min. Verfügbar bis 28.10.2025

Was sagt das Land zu diesem Vorschlag?

Im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW, das auch für die Tierhaltung verantwortlich ist, hält man einen solchen "Hundeführerschein" nicht für ausreichend. "Eine solche 'pauschalisierte' Sachkunde wird nicht den Anforderungen gerecht, die etwa an die Haltung sehr großer und/oder sehr kräftiger Hunde zu stellen sind", heißt es dazu aus dem Ministerium, wo man zudem befürchtet, dass eine solche Regelung eher dazu führe, das Sachkundeniveau zu senken.

Dazu komme, dass es für Halter eines gefährlichen Hundes ja bereits die Pflicht für einen Sachkundehinweis gebe. "Da diese Voraussetzungen einen vergleichsweise geringen Personenkreis betreffen, wäre es überaus bürokratisch und vermutlich unverhältnismäßig diese Vorgaben im Hinblick auf einen 'Hundeführerschein' auf alle Haltungspersonen großer oder kleiner Hunde zu übertragen", so das Ministerium.

Welche Hunde gelten in NRW als gefährlich?

Das Land NRW unterscheidet in Paragraph 3 und 10 zwischen "Gefährlichen Hunden" und "Hunden bestimmter Rassen":

Zur ersten Gruppe gehören:

  • Pittbull Terrier
  • American Staffordshire Terrier
  • Staffordshire Bullterrier
  • Bullterrier
  • Kreuzungen der Rassen untereinander

Zur zweiten Gruppe gehören:

  • Alano
  • American Bulldog
  • Bullmastiff
  • Mastiff
  • Mastino Espanol
  • Mastino Napoletano
  • Fila Brasileiro
  • Dogo Argentino
  • Rottweiler
  • Tosa Inu
  • Kreuzungen der Rassen untereinander

Darüber hinaus werden in Paragraph 11 "Große Hunde" definiert. Dazu zählen:

  • Hunde, bei denen der Übergang von Hals zu Rücken höher als 40 Zentimeter ist
  • Hunde, die mehr als 20 Kilogramm wiegen

Welche Pflichten haben Besitzer von gefährlichen und großen Hunden?

Laut dem Landeshundegesetz müssen Halter von als gefährlich geltenden Hunden der ersten Gruppe diverse Voraussetzungen erfüllen. Unter anderem müssen sie einen Sachkundenachweis für das Halten des Hundes erbringen und für den Kauf ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Zudem müssen die Hunde an der Leine geführt werden, sobald sie nicht im Haus oder Garten des Besitzers sind. Sobald sie älter als sechs Monate sind, ist außerdem ein Maulkorb Pflicht.

Für Hunde, die in die zweite Gruppe fallen, gelten immer noch Auflagen, diese sind aber nicht mehr so streng. In der Gruppe der "Großen Hunde" ist lediglich die Anmeldung beim Ordnungsamt sowie der Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung Pflicht.

Abgesehen davon ist die Hundesteuer für als gefährlich geltende Tiere in vielen Kommunen in NRW wesentlich höher als für Hunde, die nicht unter diese Kategorie fallen. Den höchsten Steuersatz für "normale" Hunde zahlt man beispielsweise in Hagen mit 180 Euro pro Jahr. Die höchste Abgabe für gefährliche Hunde müssen Halter in Heimbach und Solingen zahlen: 1.200 Euro.

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Unsere Quellen:

  • Tierschutzverein Düsseldorf
  • Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW
  • Landeshundegesetz NRW
  • Bund der Steuerzahler NRW

Hinweis: In einer ersten Version hat unsere Formulierung den Eindruck erweckt, die "Großen Hunde" gehörten ebenfalls laut NRW-Hundegesetz zu den "Gefährlichen Hunden". Das ist nicht der Fall. Wir haben die Unterscheidung zwischen "Gefährlichen Hunden", "Hunde bestimmter Rassen" und "Große Hunde" nun deutlicher gemacht.