Nach den Skandalen um sexuellen Missbrauch durch Priester in der Katholischen Kirche und der anschließend sehr schleppenden Aufarbeitung hatte Papst Franziskus dem Kölner Rainer Maria Kardinal Woelki eigentlich die rote Karte gezeigt - und das öffentlich in einer Institution, die Staatsanwaltschaften lieber außen vor lässt und innerhalb der eigenen Mauern selbst aufklärt.
Franziskus entschied nie über Woelkis Rücktrittsgesuch
Franziskus warf Woelki bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Köln insbesondere seine Kommunikation vor und schickte ihn in eine fünfmonatige Auszeit. Anschließend forderte er den Kardinal auf, ein Rücktrittsgesuch einzureichen. Über dieses Gesuch entschied er jedoch nie.
Ein nicht aufgeklärter Skandal und zigtausende Kirchenaustritte
Bei den Gläubigen sorgt der Missbrauchsskandal für großen Frust, erschüttert das Erzbistum und den Stuhl des Erzbischofs. Tausende treten seitdem aus der Kirche aus. Es gibt Streit um Gutachten und um deren Veröffentlichung, Zweifel an Woelkis Willen zur Aufklärung, Kritik am Umgang mit den Tätern. Schätzungsweise drei Millionen Euro zahlt das Erzbistum für Anwälte, Medienstrategen und PR-Berater im Zuge des Missbrauchsskandals.
Ermittlungen wegen Meineids laufen noch
Seit 2022 ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki wegen Meineids - ein einmaliger Vorgang in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte: Es geht um den Verdacht, dass der Kardinal zu seinen Kenntnissen über Missbrauchsfälle unter Eid die Unwahrheit gesagt hat. Dieser beteuert seine Unschuld.
Schwebezustand im Erzbistum Köln
Woelki macht sich öffentlich augenfällig rar: Zu Gottesdiensten ist er im Kölner Dom anzutreffen, zumindest an den hohen Feiertagen. Auch jetzt steht er Festmessen vor. Doch bei großen gesellschaftlichen Anlässen sieht man ihn nicht mehr. Jahrelang befindet sich das Erzbistum Köln und Woelkis Schicksal in einem ungeklärten Schwebezustand.
Woelki mit dem Papst im Reinen
Am Ostermontag 2025 stirbt Franziskus. Und Woelki taucht im ARD-Morgenmagazin auf. Dort wird er gefragt, ob er diese Sache noch mit Franziskus habe klären können. Er antwortet: "Wir haben uns danach noch ein-, zweimal gesehen, und er hat immer gesagt: 'Haben Sie Mut, gehen Sie voran, machen Sie da Ihre Arbeit! Und ich steh' ganz zu Ihnen und ganz hinter Ihnen.' Das war eigentlich immer so seine Botschaft gewesen."
Der Koffer für Rom wird gepackt
Am Mittwoch wird im Kölner Dom ein großes Requiem für den verstorbenen Papst Franziskus gefeiert. Danach will der Kardinal zur Beerdigung nach Rom reisen und dort bleiben, sagt Woelki am Ostermontag dem WDR beim Auftritt in der Sendung "Aktuelle Stunde". Vorher werde man sich in Zirkeln austauschen, um das "Bild der Kirche" und einen geeigneten Kandidaten zu beraten.
Woelki: Konklave soll nicht politisch wählen
Von seiner letzten Wahl berichtet Woelki vom Ringen um den besten Kandidaten. Das sei eine Verpflichtung, die einem Kardinal aufgegeben ist, "eben nicht politisch zu wählen, sondern denjenigen zu wählen, den er vor dem Angesicht Gottes als den Kandidaten erkannt hat, den er für den Besten und den Richtigen hält." Der neue Papst müsse ein Herz für die Menschen haben, das Werk Franziskus' fortführen und "der Kirche wieder ein Stück Stabilität geben", sagt Woelki.
Auf die Nachfrage im ARD-Morgenmagazin, ob er im Reinen mit Franziskus sei, erwidert Woelki: "Ja, auf jeden Fall."
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Woelki sei einer von 137 Kardinälen, die den Papst mitwählen. Dies basierte auf einer Angabe der Nachrichtenagentur dpa. Tatsächlich sind derzeit 135 Kardinäle wahlberechtigt. Wir haben das korrigiert.
Unsere Quellen:
- Interview mit Kardinal Woelki im ARD-Morgenmagazin am 22.04.2025
- WDR-Interview mit Kardinal Woelki in der Aktuellen Stunde am 21.04.2025
- Nachrichtenagentur dpa
Kommentare zum Thema
Austreten, einfach austreten. Etwas anderes kann für diesen "Verein" nicht empfohlen werden.
Wie kommt es, dass der Kardinal "plötzlich" im ARD-Morgenmagazin auftaucht? Wurde er von der Redaktion nicht eingeladen? Für eine WDR- Redaktion ist dieser billige Unterton mehr als peinlich. Vor allem, wenn die einzige Recherche auf einen schlechten Bericht im Kölner Stadtanzeiger beruht. Die Zeitung schreibt seit fünf Jahren über Herrn Woelki, ohne ihn einmal selbst zu Wort kommen zu lassen. Einseitiger geht Journalismus nicht. Egal wie konservativ und mitunter eigensinnig der Kölner Kardinal auch ist.
Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, sah ich der Aktuellen Stunde R.M.W. Wie konnte man dass zu lassen? War es nicht möglich mehr katholische Kompetenz zu einem Interview einzuladen? Für mich hat Herr R.M.W. das menschlisch Zumutbare weit überschritten.