"Hier kann man noch die Umrisse des alten Spitzbogenfensters sehen", sagt Marlee Priesmeyer und zeigt auf schräg laufende Linien im Putz. Priesmeyer ist Architektin und arbeitet beim Atelier Brückner, das im Auftrag der Stadt ein Konzept entwickelt hat, wie man das alte Gotteshaus zukünftig nutzen kann.
Die alte Synagoge liegt versteckt in einem Hinterhof in Oberhausen-Holten und ist als solche kaum noch zu erkennen. Das Gebäude wurde irgendwann nicht mehr als Gotteshaus gebraucht, schließlich umgebaut und jahrzehntelang als Wohnhaus genutzt.
Jüdische Relikte überdauern in Wohnhaus
Genau das hat letztendlich dafür gesorgt, dass viele Relikte der über 160 Jahre alten Synagoge die Zeiten überdauert haben. Denn weil das Gebäude bereits vor der Reichspogromnacht zum Wohnhaus umfunktioniert worden war, fiel es nicht der Zerstörung der Nazis zum Opfer.
Hinter Tapeten, Putz und Holz schlummerten Jahrzehnte lang Überbleibsel der ehemaligen Synagoge. 2019 kaufte schließlich die Stadt Oberhausen das Haus, um Verantwortung für das älteste noch existierende Stück jüdische Geschichte in Oberhausen und seinen Erhalt zu übernehmen.
Doch niemand hatte damals damit gerechnet, dass noch so viele Erinnerungen in dem Haus schlummern könnten. "Wir hatten keine Ahnung, was wir da alles noch vorfinden würden", sagt Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz.
Jüdisches Ritualbad freigelegt
Die Restauratoren legten alte Schriftzüge und Wandmalereien frei, entdeckten die alte Nische für den Toraschrein und in einer Zwischendecke die geschnitzten Holzbalken einer Empore. Am Fuß einer alten Holztreppe machten sie dann noch eine weitere Entdeckung, erzählt Petra Pospiech, die Projektbeauftragte der Synagoge Holten bei der Stadt Oberhausen.
"Die Treppe war bis zur letzten Ecke gestaltet. Das hat die Restauratoren gewundert und sie haben gedacht: Hier muss mehr sein! Deswegen haben sie dann hier den Boden abgetragen." Zum Vorschein kam eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad, dass tief in den Boden eingelassen wurde.
"Funde mit bundesweitem Seltenheitswert"
Der Landschaftsverband Rheinland spricht in einem Gutachten von Funden, die bundesweit von großem Seltenheitswert seien. Die ehemalige Synagoge soll nun weiter saniert und wieder der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Dabei soll aber auch die lange Nutzung als Wohnhaus weiter erkennbar sein.
Zukünftig soll das ehemalige Gotteshaus ein Erinnerungs- und Gedenkort werden, aber zum Beispiel auch für Vorträge, Konzerte oder Ausstellungen genutzt werden. Ein entsprechendes Konzept soll Anfang Juli vom Stadtrat beschlossen werden.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Stadt Oberhausen
- Atelier Brückner