Krankenpflegerin Susanne Jacobs trägt kein Namensschild mehr. Genau wie ihre Kollegen. Dafür wurden die Pfleger und Ärzte in der Notaufnahme des Klinikums Dortmund in der Dortmunder Nordstadt zu oft bedroht. Sätze wie "Ich komme bei dir vorbei" oder "Ich warte auf dem Parkplatz auf dich" fallen oft, sagen sie.
Seit November letzten Jahres gibt es sogar einen eigenen Security-Mann für die Notaufnahme, der jede Nacht da ist – vor allem, um das Klinikpersonal vor den Menschen zu schützen, denen hier trotzdem noch geholfen wird: den Patienten und ihren Angehörigen.
"Die Hemmschwelle, sich zu prügeln, geht runter," sagt Jacobs. Sie macht den Job seit etwa 30 Jahren. Früher habe sie Spaß bei der Arbeit gehabt. Heute hat sie manchmal Angst vor dem Nachtdienst am Wochenende: "Du weißt nie, ob einer mit nem Messer vor dir steht," sagt sie in einer Nacht von Freitag auf Samstag.
Im Jahr 2022 hat das Landeskriminalamt 1571 sogenannte Rohheitsdelikte in NRW-Krankenhäusern gezählt. Das sind 29 Prozent mehr als 2019. Zu Rohheitsdelikten zählen Drohungen, Nötigungen und Körperverletzungen.
Patienten kommen nach Schlägerei aggressiv an
Dass Beleidigungen und Tätlichkeiten gegen das Klinikpersonal zunehmen, bestätigen auch der Katholische Hospitalverbund Hellweg, das Dortmunder St.-Johannes-Hospital und zwei Sicherheitsdienste im Ruhrgebiet dem WDR. Aber woran liegt das?
Im Klinikum Dortmund liefert der Rettungsdienst gerade einen potenziellen Problem-Patienten an. Er hat einen Schlag mit einer Glasflasche abbekommen. Mit einem Verband am Kopf läuft er flankiert von zwei Rettungssanitätern ein. Menschen, die von einer Schlägerei kommen, seien oft noch aggressiv, erklärt Thorsten Strohmann, der die Notaufnahme in der Dortmunder Nordstadt leitet.
Ungeduldig, respektlos und auf Drogen
Der Mann setzt sich auf einen Rollstuhl auf dem Flur. Security-Mann Dennis Stadler fragt bei den Kollegen vom Empfang nach, womit sie rechnen müssen: Bei der Anmeldung war der Mann ruhig. Immerhin. Aber: "Wenn er jetzt fünf Minuten warten muss, kann es sein, dass er dann aggressiv wird", sagt Susanne Jacobs. Und er muss warten.
Mehr Ungeduld und Respektlosigkeit, oft gepaart mit Alkohol und anderen Drogen – das ist das, was es den Krankenpflegern und Ärzten in der Notaufnahme so schwer macht, erklärt Jacobs.
Alle wollen sofort behandelt werden
Einmal sei ein Patient in die Notaufnahme gekommen, weil er seit mehreren Wochen Knieschmerzen hatte, erzählt Security-Mann Stadler. Dieser habe gefordert, sofort mit einem Arzt zu sprechen. Stadler erklärte ihm, dass die Ärzte sich gerade um einen Schwerverletzten kümmern müssen: "Der wollte immer noch, dass wir den Arzt von einem Schwerverletzten abziehen, damit er nicht warten muss".
Thorsten Strohmann sagt, dass diese Ungeduld und Respektlosigkeit in der ganzen Gesellschaft zunehmen. Zum Beispiel beobachte er das auch im Straßenverkehr.
"Von 24 Stunden gibt es 23, in denen wir den Leuten helfen können"
In der Notaufnahme des Klinikums Dortmund soll es heute friedlich bleiben. Der Mann, dem jemand mit einer Glasflasche auf den Kopf geschlagen hat, kommt schnell dran. Arzt Henrik Bertram näht die Platzwunden zu.
Beim Rausgehen verabschiedet sich der Patient noch freundlich von Ärzten und Pflegern. Die meisten Patienten sind froh, dass es Menschen gibt, die hier die Nachtschicht machen. "Von 24 Stunden gibt es 23, in denen wir den Leuten helfen können," sagt Bertram.
Sechs EM-Spiele in Dortmund
In der kommenden Zeit stehen aber viele schwierige Tage für die Notaufnahme an. In eineinhalb Monaten beginnt die Heim-EM. Sechs Spiele finden in Dortmund statt - je mehr Alkohol fließt, desto mehr Menschen landen auch wegen Unfällen in der Notaufnahme in der Dortmunder Nordstadt.
Fußballfans oft betrunken, aber meistens friedlich
Jedoch nimmt Thorsten Strohmann Fußballfans in Schutz: Sie würden zwar wegen häufig exzessivem Alkoholkonsum in der Notaufnahme landen, dann aber meistens nicht das Personal beleidigen oder gar schlagen: "Die WM 2006 war friedlich".
Susanne Jacobs sorgt sich am meisten um den kommenden Mittwoch: "Ich finde den ersten Mai sogar schlimmer als Silvester".
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Klinkum Dortmund
- Katholischer Hospitalverbund Hellweg
- St.-Johannes-Hospital Dortmund
- Sicherheitsdienst Happe
- Sicherheitsdienst WWS
- Landeskriminalamt NRW
Über dieses Thema berichtet der WDR am 30.04.2024 auch im Radio auf WDR 2.
Kommentare zum Thema
Noch 1960 hörte ich von meinem Vater, dass es Menschen 1.2. und 3. Klasse gibt. 1978 bekam ich den Ratschlag, bei Auslandsfahrten, z.B. die Abenteuerstrecke nach Griechenland über Land, nicht als Fremder anhalten sollte wenn man sich einem Unfall nähert eiterfahren und bitte nicht helfen sollte. Da könnte es leicht passieren, das man von gewissen betroffenen Familien leicht nach deren Rechtsverständnis verurteilt wird. Es prallen schon große Kulturunterschiede in Europa zusammen. Das macht die Migration absolut nicht leicht. Vielleicht könnten Migranten mit einem gewissen Bildungsgrad dabei helfen. Clans, die hier Ihre Hausrechte durchsetzen und die Gesetzgebung nicht befolgen, bitte sofort in Ihr Land zurückschicken und beim Aufbau ihres Landes vielleicht noch beraten. :-)
Die sowas machen, wie jetzt geschehen in der Klinik in Essen, müssten sofort ausgewiesen werden und die ganze Familie mit! Es wird nicht genug durchgegriffen und dann wundert man sich, dass die AfD so präsent ist.
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