Inszenierung von Politikern: Trump-Porträts Aktuelle Stunde 17.01.2025 33:28 Min. UT Verfügbar bis 17.01.2027 WDR Von Birgit Grigo

Offizielles Trump-Porträt: "Ein Mensch, vor dem man Angst haben muss"

Stand: 17.01.2025, 11:50 Uhr

Beim offiziellen Präsidentschaftsbild blickt Trump aggressiv. Dass er sich als Bösewicht inszeniert - kein Zufall, so eine Expertin.

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Das offizielle Porträt des US-Präsidenten ist ein Bild, das nicht nur in den Geschichtsbüchern auftaucht, sondern auch im Alltag der US-Bürger. Nun hat Donald Trump das Foto für seine zweite Amtszeit präsentiert, das auf viele düster und bedrohlich wirkt. Was steckt hinter dieser Inszenierung? Lässt sich anhand des Bildes auf seine Politik schließen?

Fragen an die Politik- und Medienwissenschaftlerin Marion G. Müller. Sie lehrt an der Universität Trier und hat zum Thema "Politische Bildstrategien im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf" promoviert.

WDR: Was war Ihr erster Eindruck, als Sie das offizielle Präsidentschaftsporträt von Trump gesehen haben? Was für ein Mensch ist das, wie will er rüberkommen?

Marion G. Müller: Wir sehen einen sehr selbstbewussten Mann, der ganz genau weiß, was er tut. Trump kommt aus dem Unterhaltungs-Business, er hat sehr viel Erfahrung in der Selbstdarstellung, da passiert nichts zufällig. Er hat eine klare Botschaft an die Betrachtenden.

WDR: Sein Blick geht von leicht unten in die Kamera, ein Auge ist etwas zugekniffen, als ob er einen mit einer Waffe ins Visier nimmt. Nehmt Euch in Acht - so könnte man das Bild deuten.

Trumps "Mugshot" als Vorbild? | Bildquelle: REUTERS / Fulton County Sheriff's Office

Müller: Diese Täter-Assoziationen sind gewollt. Dieses Bild geht zurück auf einen "Mugshot", ein offizielles Polizeibild, das bei seiner Verhaftung 2023 in Georgia gemacht wurde. Auch damals hat er sich schon in den Grenzen des Möglichen selbst inszeniert, um auf jeden Fall zu vermeiden, dass er wie ein Opfer wirkt. Beziehungsweise: Er inszeniert sich als Opfer der Justiz, aber als eines, das die Justiz besiegt hat. Trump will wie ein harter Knochen rüberkommen, das Bild des freundlichen Nachbarn, das manche Präsidenten gepflegt haben, will er vermeiden. Das ist kein Präsident, der die Nation beschützen wird. Sondern ein Mensch, vor dem man Angst haben muss. Ich empfinde dieses Bild als Drohung.

WDR: Die Porträts der US-Präsidenten haben eine lange Tradition in der politischen Ikonographie. Wo steht Trump in dieser Reihe?

Offizielles Porträt von US-Präsident Theodore Roosevelt: Schwarz-weißes Bild eines Mannes mit einer Brille und einem Schnauzbart in Anzug mit Weste, der ernst in die Kamera schaut | Bildquelle: Library of Congress

Müller: Das Trump-Bild erinnert an Theodore Roosevelt, der von 1901 bis 1909 Präsident war und auf seinem Porträt ebenfalls sehr grimmig blickt. Roosevelt hatte einen militärischen Background, er befehligte im Spanisch-Amerikanischen Krieg das "Rough Riders"-Regiment und war vor Trump der letzte US-Präsident, der aus dem Amt ausschied und vier Jahre später erneut kandidierte. Dafür gründete er eine eigene Partei, die "Progressive Party" - eine Parallele zu Trumps "MAGA"-Bewegung. Roosevelt war zudem der erste Amerikaner, der den Friedensnobelpreis erhielt. Das alles lässt auf eine Person schließen, der sich Trump wahrscheinlich sehr verbunden fühlt.

WDR: Wenn man sich die Präsidentenporträts der vergangenen 50 Jahre ansieht, merkt man: Alle blicken freundlich, viele lächeln und versuchen sympathisch rüberzukommen.

Müller: Das ist eine Folge dessen, dass der Wahlkampf immer mehr im Fernsehen stattfindet. Da wird den Kandidaten eingebläut, immer freundlich und sympathisch rüberzukommen. Da ist das Lächeln Pflicht.

WDR: Trump grenzt sich deutlich ab von seinen Vorgängern – und von sich selbst: Beim Porträt zu seiner ersten Amtszeit lächelte er noch und zeigte seine Zähne, nun ist der Mund geschlossen und verkniffen. Heißt das: Mit mir gibt es nichts zu lachen, und was meine Vorgänger gemacht haben, interessiert mich nicht?

Medienwissenschaftlerin Marion G. Müller | Bildquelle: Universität Trier/Jenna Theis

Müller: Da ist natürlich viel Spekulation dabei. Aber die Wahl eines solchen Bildes macht zumindest klar, an wen er sich wendet: Nicht an das gesamte amerikanische Volk, sondern ausschließlich an seine eigenen Wählerinnen und Wähler. Mich erinnert das an ein Filmplakat, bei dem die Identifikation mit dem Bösewicht sehr stark ist. Donald Trump geriert sich nicht als US-Präsident in Amt und Würden, der für das ganze Volk da sein wird, so wie das in der gesamten amerikanischen Geschichte der Fall war. Sondern er ist der Darsteller in seiner eigenen fiktionalen Geschichte, ein "tough guy", der für seine Anhänger den besten Deal rausholt.

Aber das ist eine Parallelwelt, denn in Wirklichkeit ist Trump ja der Präsident. Und in der realen Welt muss er sich beispielsweise um Kriege kümmern, in denen täglich Menschen sterben. Aber für jemanden, der in einer fiktionalen Realität gefangen ist und sich als Hauptdarsteller seiner eigenen Show sieht, spielt so etwas keine Rolle. Meine Interpretation dieser Selbstdarstellung:

Das wird vermutlich eine bitterböse Präsidentschaft. Wir haben es mit einem Mann zu tun, der die Tragweite seines Amtes nicht versteht. Marion G. Müller, Politik- und Medienwissenschaftlerin

WDR: Das Bild wird sehr präsent sein und in allen amerikanischen Ämtern und Polizei-Stationen hängen. Wie wird sich das auswirken?

Müller: Amerika ist sehr stark polarisiert, und dieses Bild trägt weiter dazu bei. Spannend wird es zu sehen, wie Trump seine Ikonographie digital umsetzen will. Denn viele Vorgänge erfordern ja gar nicht mehr, dass man persönlich auf dem Amt erscheint. Es passiert ja immer mehr online, insofern ist die Macht eines solchen Bildes nicht mehr so groß wie zu analogen Zeiten. Und selbst damals war die Macht begrenzt: Erich Honecker hing zu DDR-Zeiten ja auch in jeder Amtsstube, aber die Menschen haben Wege gefunden, damit umzugehen und ihn im Zweifel zu ignorieren.

Über dieses Thema berichten wir auch um 18.45 Uhr in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen