Weltklimakonferenz in Baku: Wenig Proteste, viele Sorgen

Stand: 17.11.2024, 07:31 Uhr

Im Vorfeld hatten viele gezweifelt, ob eine Klimakonferenz in einem Ölstaat klappen kann. Zumindest organisatorisch scheint es in Baku zu laufen. Dafür hakt es in den Verhandlungen selbst - und das liegt nicht nur an Trump.

Von Jule Zentek

Ein deutlicher Geruch von Tankstelle liegt in der Luft, wenn man sich in Baku fortbewegt. Kein Wunder: Die Hauptstadt von Aserbaidschan liegt mitten in einem Erdölfördergebiet, die Ölpumpen sind von den Straßen aus sichtbar. Öl und Gas haben das Land reich gemacht, in dem noch bis zum 22. November die Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen stattfinden wird.

Weltklimakonferenz erneut in einem Ölstaat

Klimakonferenz in einem Ölstaat? Das hatte im Vorfeld für viel Kritik und Diskussionen gesorgt. Wohl auch deshalb ist das Land besonders bemüht bei der Organisation. So wurde etwa die Busflotte für den Shuttle-Transport extra neu gekauft. Es sind so viele, dass die rund 60.000 Gäste aus aller Welt im Minutentakt zum Olympiastadion kutschiert werden können, an dem das Mega-Event stattfindet. 2021 wurden hier Spiele der Fußball-EM 2020 nachgeholt, Olympische Spiele - entgegen des Namens - aber noch nie.

Verhandlungszelt im Olympiastadion in Baku | Bildquelle: Jule Zentek/WDR

Dort angekommen heißt es: Ciao, Tageslicht! Denn die "Blue Zone", der offizielle UN-Bereich, in dem die Verhandlungen stattfinden und auch das Pressezentrum angesiedelt ist, ist in einer extra dafür aufgebauten Zeltstadt untergebracht. Tageslicht und Frischluft, Fehlanzeige! Stattdessen: lange Korridore, grauer Teppichboden und grelles, künstliches Licht.

Im Stadion selbst stehen weiße Zelte, in denen Verhandlungen stattfinden. Hinter den Zuschauertribünen sind die Delegationsbüros untergebracht. Dort finden die internen Besprechungen, aber auch bilaterale Länder-Treffen statt. Ab und zu wird auch die Presse für Hintergrundgespräche eingeladen und erfährt so, wie es aus Sicht des deutschen Verhandlungsteams gerade läuft. Zur Halbzeit muss man sagen: Es hakt an vielen Stellen.

Weltklimakonferenz: Es geht vor allem ums Geld

Das mag zum einen daran liegen, dass es beim Topthema dieser Konferenz um Geld geht und darum, wer ab 2025 wie viel jährlich bezahlen soll. Bei der Geld-Frage möchte bekanntlich niemand vorpreschen und zu viel versprechen. Deutschland hat nicht nur das Ampel-Aus im Gepäck, sondern hat als Teil der EU-Gruppe außerdem eine klare Bedingung: Man sei bereit, mehr als die bisherigen sechs Milliarden Euro pro Jahr beizutragen, wenn auch andere Länder, die bisher nicht zahlen, mitmachen. Das betont Jennifer Morgan, die deutsche Chefverhandlerin aus dem Auswärtigen Amt, immer wieder.

Geschielt wird da auf China, das bisher im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen nicht offiziell als Geldgeber gilt, aber aus Sicht der EU durchaus die Mittel hätte, ärmere Länder bei Klimaschutz und -anpassung zu unterstützen. Währenddessen fordern Staaten, die das Geld dringend benötigen, mehr als eine Billion Dollar jährlich. Ob am Ende dieser Konferenz aber überhaupt eine konkrete Summe feststehen wird, bleibt fraglich. Ebenso, ob es überhaupt eine Einigung beim Thema Finanzziel geben wird.

Trump will austreten, Argentinien reist ab

Pressekonferenz zur Abreise von Argentiniens Delegation mit Aktivisten aus Argentinien und den USA, Fridays for Future und Klimawissenschaftler Niklas Höhne | Bildquelle: Jule Zentek/WDR

In Gesprächen mit Teilnehmenden spürt man, dass viele hier auf Zeichen der Einigkeit hoffen. Gerade auch wegen der aktuellen Weltlage, denn es hängen graue Nebelwolken über dem Olympiastadion von Baku: Die Ankündigung von Trump, mit den USA wieder aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten und die Abreise der argentinischen Delegation am dritten Tag auf Kommando von Präsident und Trump-Freund Milei, haben hier viele verunsichert. Die Sorge: Könnten weitere Länder nachziehen?

Pressekonferenz der deutschen NGOs zur Halbzeit von COP29 | Bildquelle: Jule Zentek/WDR

"Diese Leute wollen Verunsicherung schaffen", sagt Luisa Neubauer, die mit einer kleinen Gruppe von Fridays for Future Deutschland vor Ort ist. Es sei daher die große Aufgabe dieser Klimakonferenz, das nicht zuzulassen. "Weil wir es denjenigen schulden, denen das Wasser längst bis zum Hals steht", so Neubauer. Klimabewegungen aus vielen verschiedenen Ländern der Welt versuchen daher, mal auf ironische, dann wieder auf emotionale Art und Weise zu demonstrieren.

Nur verhaltener Protest aus Angst vor Repressionen

"Lasst die Verursacher zahlen!", steht auf Englisch auf einem der Schilder während einer Protestaktion auf dem Gelände. Offiziell müssen diese alle bei den Vereinten Nationen angemeldet werden. Das ist Pflicht - nicht nur auf dieser Konferenz. Trotzdem ist auch einiges anders: Aktivisten erzählen im Vertrauen, dass sie sich mit Aktionen zurückhalten, zu groß ist die Angst vor Repressionen.

Berichten nur auf Einladung? WDR 5 Töne, Texte, Bilder - Beiträge 16.11.2024 05:06 Min. Verfügbar bis 15.11.2025 WDR 5

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Manche hätten gar nicht erst einreisen dürfen. Bei einigen wurden die Visa abgelehnt, berichtet auch Luisa Neubauer. Außerdem sind Proteste außerhalb des offiziellen UN-Geländes untersagt. Zum dritten Mal in Folge findet somit eine Weltklimakonferenz praktisch ohne Beteiligung der Zivilbevölkerung statt.

Protestaktion gegen Umweltverschmutzung auf der Weltklimakonferenz in Baku | Bildquelle: Jule Zentek/WDR

Das ist nicht nur bedenklich, sondern auch deshalb schade, weil die Klimakonferenzen ein wichtiger Ort des Zusammenkommens sind. Sie sind offiziell der einzige Ort, an dem über den Umgang mit der Klimakrise gesprochen wird, während fast alle Länder der Welt mit am Tisch sitzen. Das macht den Prozess so wichtig für kleinere und besonders von der Klimakrise betroffene Länder. Es ist wichtig, sich das angesichts des oft zu langsam und kühl wirkenden Prozesses bewusst zu machen.

Unsere Quelle:

  • WDR-Reporterin vor Ort