Der Karneval mit seinem bunten Treiben ist ein Lieblingssujet für ausgelassene, freudestrahlende Kompositionen, ob von Hector Berlioz, Robert Schumann, Bedřich Smetana und Camille Saint-Saëns – oder von Antonín Dvořák. Seine Konzertouvertüre "Karneval" hat er 1891 im Zusammenhang mit zwei weiteren Ouvertüren komponiert. Seine Grundidee war ein Zyklus mit dem Titel "Natur, Leben und Liebe". Da jede dieser drei Ouvertüren auch einzeln aufgeführt werden kann, entschied Dvořák sich schließlich, sie einzeln zu veröffentlichen – unter den Titeln "In der Natur", "Karneval" und "Othello".
Der ursprüngliche Titel für den Zyklus lässt es schon ahnen: In der "Karneval"-Ouvertüre geht es nicht darum, närrisches Getümmel in Musik zu übersetzen, sondern um einen Menschen, der sich – so der tschechische Herausgeber Otakar Šourek – "in das bunte Treiben des Lebens" stürzt. "Gern ergibt er sich seinem wilden Taumel und dem Frohsinn und ist dankbar für alle seine Freuden und Herrlichkeiten. Aus diesem Freudentaumel jäh herausgerissen, stellt er sich die Frage: Woher kommt eigentlich all die Freude, und wer spendet sie? Als Antwort tönt es ihm: die Natur." All das ist äußerst plastisch in der Musik nachgezeichnet. Ähnlich, wie Bedřich Smetana es in seinem sinfonischen Zyklus "Mein Vaterland" vorgemacht hat, zitiert auch Dvořák eine Passage aus "In der Natur", also der ersten seiner drei Ouvertüren. Weiter heißt es im "Karneval"-Programm: "Nach diesem kurzen Besinnen kehrt der Mensch jedoch wieder in den wirbelnden Trubel ungebändigter Lustbarkeit zurück, und wenn ihm auch anfangs [...] so manches bizarr verzerrt erscheint, jauchzt am Ende doch alles in ihm wieder auf."
Es ist sicherlich kein Zufall, in welcher Lebensphase Dvořák seinen abgeklärten Ouvertüren-Zyklus komponiert hat. Er hat seinen zunehmenden Erfolg mit staunenden Augen zur Kenntnis genommen: Das Publikum lag ihm europaweit zu Füßen. Und im selben Jahr erhielt er einen Orden vom Kaiser, wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Prag. Obendrein wurden ihm die Ehrendoktorwürden der Universitäten in Prag und in Cambridge verliehen. Viele Gründe also, das Leben auch musikalisch zu feiern.