Werkeinführung: Erich Wolfgang Korngold - Cellokonzert C-Dur op. 37

Von Otto Hagedorn

Das größte musikalische Wunderkind seit Mozart: So trat Erich Wolfgang Korngold um 1905 in Wien auf den Plan. Zeitgenossen wie Gustav Mahler oder Richard Strauss erkannten sofort sein Genie – und auch die drohende Konkurrenz. Mit neun komponierte Korngold eine Märchenkantate, mit elf das Ballett "Der Schneemann", das in der Instrumentierung von Alexander Zemlinsky 1908 mit Furore an der Wiener Hofoper uraufgeführt wurde. Wie nach diesen frühen Talentproben zu erwarten, verlief Korngolds Karriere denn auch glanzvoll. Schon bald war er einer der meistgespielten Komponist:innen im deutschsprachigen Raum. Er war erst 23, als seine Oper "Die tote Stadt" in der Zwischenkriegszeit zu einem der größten Theatererfolge avancierte. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten setze seinem Höhenflug ein jähes Ende. Korngold floh 1934 vor dem drohenden europäischen Unheil in die USA. Der Regisseur Max Reinhardt hatte ihn nach Hollywood eingeladen, für seine Verfilmung von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" die Musik von Mendelssohn neu zu arrangieren. Im Jahr darauf folgte Korngolds Partitur zu "Captain Blood". Ihre farbintensive Musiksprache traf einen Nerv – und schon bald war er der erfolgreichste Filmmusikkomponist in ganz Amerika. Viele weitere Soundtracks folgten, darunter "The Sea Hawk" oder "Kings Row".

Von seinen an die zwanzig Filmmusiken hat Korngold auch viele musikalische Einfälle in seinen Werken für den Konzertsaal verwendet. Ganz besonders eng ist diese Verbindung bei seinem Cellokonzert: Innerhalb der Filmhandlung von "Deception" (auf Deutsch: "Täuschung") aus dem Jahr 1946 wird eben dieses Konzert in einer gestrafften Version aufgeführt. Die Handlung dreht sich um die Dreiecksbeziehung zwischen einer Pianistin, einem Cellisten und einem Komponisten. Weil der Komponist dem Cellisten seine frühere Liaison mit der Pianistin offenbaren möchte, sieht sie keine andere Wahl, als ihn zu erschießen. Kurz darauf wird das Cellokonzert uraufgeführt. Während dieser Szene sitzt die Pianistin mit ihrem erschütternden Wissen im Publikum. In seiner Bearbeitung für den Konzertsaal hat Korngold das Konzert dann ausgeweitet. Die Grundidee der geballten formalen Anlage in nur einem Satz hat er jedoch beibehalten. Die dramatische Wucht dieser Musik beschwört die Tragik der Filmszene herauf.