"Wo viel Licht ist, ist starker Schatten." Goethes Wort aus seinem Götz von Berlichingen könnte für Robert Schumanns Lebenssituation in den 1850er Jahren kaum treffender sein. Beginnen wir mit dem Schatten: Anfang 1854 stürzte sich der Komponist von einer Brücke in den Rhein und versuchte so, sich das Leben zu nehmen. Von Psychosen heimgesucht, starb Schumann zwei Jahre später in einer "Anstalt für Behandlung und Pflege von Gemütskranken und Irren" in Endenich, einem heutigen Stadtteil von Bonn.
Und nun das Licht: Nach einer glücklosen Zeit in der sächsischen Heimat übernahm Schumann im September des Jahres 1850 das Amt des Städtischen Musikdirektors in Düsseldorf. Zum privaten Lebensglück mit seiner Frau Clara verhieß ihm das Rheinland endlich auch die ersehnte berufliche Anerkennung. Schumann war beseelt und von einem fast rasenden Enthusiasmus erfasst. Neben seinen Verpflichtungen als Musikdirektor fand er erstaunlicherweise die Zeit, im Oktober sein Cellokonzert und im November seine 3. Sinfonie zu komponieren. Zwei seiner beliebtesten Werke also, in nur zwei Monaten – mehr Licht geht kaum.
Nur knapp zwei Wochen nachdem Schumann mit der Arbeit am Cellokonzert begonnen hat, ist es schon vollendet. Auf Erfahrung mit den Besonderheiten des Solo-Instruments konnte er nicht zurückgreifen. Und doch befindet Clara, er habe es "so recht im Cellocharakter geschrieben". Tatsächlich spürt Schumann aber selbst, dass die erste Fassung noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Und so schickt er im Oktober 1851 die Cellostimme zu Robert Emil Bockmühl. Der damals bekannte Frankfurter Cellist schlägt zahlreiche Änderungen vor, die der im Kern von der Struktur seines Stücks überzeugte Schumann nur teilweise umsetzt. Das ist wohl der Grund dafür, dass es zu seinen Lebzeiten nicht öffentlich erklang. Erst im 20. Jahrhundert setzte sich Schumanns Cellokonzert als eines der beliebtesten im Repertoire durch.
Mehr zu Schumanns Cellokonzert:
WDR 3 Werkbetrachtung: Robert Schumanns Cellokonzert. 15:39 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099.