255: "Odabo". COSMO Album der Woche. 17.02.2025. 02:37 Min.. Verfügbar bis 16.02.2026. COSMO.
"255 is not a producer" prangt auf einem T-Shirt, dass 255 auf ihren Pressefotos tragen. Denn die Grammy-nominierten Afrobeats-Producer sind mehr als nur Beatlieferanten, sondern ausgebildete Musiker und Virtuosen an ihren Instrumenten.
Angefangen hat die Geschichte der Brüder Charles, Guy und Louis Josek in Köln-Ehrenfeld. Ihre Mutter ist Musikwissenschaftlerin, die Jungs lernten früh verschiedene Instrumente zu spielen. Als Nesthäkchen Charlie 2020 Abi macht geht’s richtig los mit der Musik, sie beziehen ein Studio in Berlin, Charles und Guy fangen an Beats zu produzieren, Filmemacher Louis kümmert sich um die Visuals. Vor allem haben es ihnen moderne Afro-Sounds angetan und so knüpfen sie schnell Kontakte nach Nigeria, dem Mutterland der Afrobeats.
Afrobeats Abenteuer
Seit 2021 sind die drei mit ihren Beats in Gepäck sechs mal nach Nigeria gereist. Dabei sind sie immer in den Studios der 16-Millionen-Metropole Lagos unterwegs, das Entertainment-Zentrum der globalen Afro-Szene. Hier entstand ihr Debüt "Phase One", auf dem aufstrebende Artists wie King Perryy oder 1da Banton, aber auch Big Names wie L.A.X zu hören sind. Promo-Unterstützung gibt es von SoulForce Records, dem Label von KitschKrieg. Danach waren sie an einem Song für Trettmann beteiligt, remixten Peter Fox und eines schönen Abends landeten sie in der Villa von Megastar Burna Boy und nahmen mit ihm "Dey Play" auf.
Afro A.I.
Auf ihren zweiten Longplayer "Odabo" verfolgen 255 allerdings einen neuen Weg und arbeiten ohne Gäste am Mikrofon. Das Album ist zweigeteilt: In instrumentale Tracks und romantische Afrobeats-Lovesongs. Bei letzteren singt Charlie die Texte und Melodien, allerdings wurde seine Stimme nachträglich mit einer künstlichen Intelligenz bearbeitet, so dass es klingt wie eine Frauenstimme. Die wummernden Bässe, die verspielten Gitarrenläufe und die sphärischen Keyboard-Sounds haben die Jungs allerdings komplett selbst eingespielt.
Auf Tracks wie "Can't Fake This" oder "Cover Me" machen sich die zwölf Jahre Geigenunterricht bezahlt und Charlie fiedelt mitreißende, melancholische Melodien.
Lagos Love
Die meisten Songs arbeiten mit sanften, tanzbaren Beats und Hooks die gut ins Ohr reingehen und so schnell nicht mehr raus wollen. Inhaltlich geht es bei dem Album, dass am Valentinstag erscheint, um Liebe in unterschiedlichen Facetten. "No Other One" ist das absolute Liebesbekenntnis, "All & More" beschreibt eine toxische Beziehung und das R&B-mäßige "Nobody Know" erzählt von einer heimlichen Liebe. Ein Highlight ist dabei der Amapiano-Banger "Co$ign Me", der mit wummernden Logdrums die Liebenden auf den Dancefloor lockt.
Daneben gibt es wortlose Stücke wie "Prado", bei dem sanft gezupfte Gitarren als Lead-Instrument eingesetzt werden und an die Highlife-Tradition aus Ghana erinnern. "Cover Me" ist dagegen ein sanft schiebender Afro-House Track mit wenigen Vocal-Schnipseln und gefühlvollen Geigenmelodien.
"Odabo" heißt auf Yoruba soviel wie: "Bis wir uns wiedersehen". Das passt, denn alle Tracks kann man einerseits als sehnsüchtige Lovesongs hören, andererseits sind sie auch Liebeserklärungen an die Stadt Lagos, in der die Jungs allerhand Abenteuer erlebt haben. 255 zeigen mit "Odabo" im vierten Jahr ihre Karriere, dass sie auch ohne die Hilfe von großen Namen ein großes Album erschaffen können.