Ebow – "FC Chaya"

Stand: 30.09.2024, 00:01 Uhr

Auf "FC Chaya" wird’s sexy und gesellschaftskritisch. Rapperin Ebow aus Berlin verbindet R’n‘B-Beats mit Club-Hymnen und gerappten Therapie-Sessions. Ebow liebt Frauen, ganz besonders Chayas. Diesen Frauen mit Ecken und Kanten widmet sie den Fanclub FC Chaya.

Von Elena Bavandpoori

Ebow -"FC Chaya" COSMO Album der Woche 30.09.2024 02:42 Min. Verfügbar bis 30.09.2025 COSMO

In Songs wie "Chayas Worldwide" und "Big Simpin" beleuchtet Ebow bekannte Themen der Rapkultur durch eine queere Linse. "Chayas Worldwide" erinnert an Rap-Klassiker wie "Girls, Girls, Girls" von Jay-Z oder "Area Codes" von Ludacris. Doch anstatt sich den Narrativen hinzugeben, einfach eine Chaya in jeder Stadt zu haben, feiert Ebow in diesem Song die Vielfalt von queeren Beziehungen in verschiedenen Städten, ohne dabei abwertend zu sein.
"Big Simpin" geht noch einen Schritt weiter: Ebow bekennt sich als Simp, also als jemand, die alles für die Chaya gibt. Sie auf Händen trägt, sich emotional offen zeigt und bereit ist, für sie bedingungslos da zu sein. Der Song ist nicht nur stark in seiner Verletzlichkeit, sondern auch in seinem Humor. Ebow bringt einen auf "FC Chaya" immer wieder zum Lachen, z.B. wenn sie von hässlichen Ex-Freunden redet.

Intimität in diverse Richtungen

Einer der berührendsten Tracks des Albums behandelt ihr persönliches Outing. Im Song "Ebru’s Story" verarbeitet Ebow ein ehrliches Gespräch, das sie mit ihrer Tante geführt hat. Es ist ein fünf-minütiges sich-alles-von-der-Seele-rappen. Sie nimmt uns mit von ihrer Kindheit und dem inneren Konflikt, zu Gesprächen mit Freund:innen über das Lesbischsein, zu dem alles verändernden Familienouting. Die Tante bekommt sogar mit ihrer Stimme einen Platz auf dem Album: Sie sagt in einer Sprachnachricht am Ende des Tracks:

"Mach dir keine Sorgen, wir sind immer für dich da. Schön, dass es dich gibt." Ebru

Ebow, die mit Klarnamen Ebru heißt, sagt im Interview, dass das die Tante aller queeren Menschen sein soll und damit auch die Worte an sie alle gehen. "Ebru’s Story" ist keine leichte Geschichte, Ebow wird immer noch emotional beim Erzählen. Aber der Song bietet Trost und ist so hautnah an ihr dran, dass man volle fünf Minuten zuhören muss.

Der Wunsch nach Freiheit

In "Juicy" findet Ebow einen ganz anderen Ton. Erotisch und warm. Es geht um juicy Booties, aber auch um zwei Partner:innen, die den Alltagsstress loswerden wollen. Der Beat von "Juicy" versetzt einen direkt an die Westküste der USA, mit eindeutigem Einschlag von 2000er R’n‘B. Für Ebow war klar, "FC Chaya" muss thematisch ein lesbisches Album sein und klanglich ein RnB-Album. Zum einen, weil es das ihrer Meinung in Deutschland so nicht gibt, aber auch weil sie mit dem Sound aufgewachsen ist. Der Song "Free" sticht heraus. Eigentlich sollte er nicht aufs Album, aber für Ebow ging es dann nach dem Erfolg der Single und dem Zuspruch doch nicht anders: Sie solidarisiert sich so ziemlich mit jeder aktuellen politischen Freiheitsbewegung, berichtet von Geschichten der sozialen Ungerechtigkeit und Polizeigewalt und fordert Empathie.

"FC Chaya" ist vielseitig. Die intimen Geschichten, politischen Aussagen und queeren Lustmomente verweben sich problemlos miteinander. Denn Ebows Authentizität ist der Kitt, der alles zusammenhält. Mit tiefen Emotionen, humorvollen Pointen und sexy R’n‘B-Beats gelingt es ihr, zum Feiern als auch zum Reflektieren einzuladen. Nichts mit erhobenem Zeigefinger, in erster Linie macht das Album echt viel Spaß.