"Jugglerz Family" - Dancehall als Weltsprache

Stand: 15.09.2024, 00:00 Uhr

Jugglerz sind die erfolgreichste Dancehall-Crew aus Deutschland. Sie rocken seit elf Jahren Partys von Konstanz bis Kingston, produzieren für Deutschrap-Stars. Auf "Jugglerz Family" konzentrieren sie sich auf ihre Kernkompetenz: Dancehall jamaikanischer Art.

Von Adrian Nowak

Jugglerz: "Jugglerz Family" COSMO Album der Woche 16.09.2024 02:30 Min. Verfügbar bis 15.09.2025 COSMO

Dancehall ist tot! So pessimistisch beschreiben heutzutage einige Musikfans den Zustand der jamaikanischen Partymusik. Dabei ist der tanzbare, minimale Beat allgegenwärtig. Denn auch wenn aktuell keine Sean Pauls oder Shaggys die Charts dominieren, bringen Deutschrap-Megaerfolge wie "Palmen aus Plastik", Reggaeton-Welthits, französische Big Names wie Aya Nakamura und natürlich die Afrobeats-Superstars die Welt mit jamaikanischen Grooves zum Tanzen.

Jugglerz gehören zur Speerspitze der europäischen Reggae- und Dancehall-Szene, bewiesen sich bei Soundclashes in der Karibik und produzierten für Big Names der Insel wie Busy Signal oder Spice. Später zählten auch Deutschrap-Größen wie die KMN Gang, Luciano oder Bausa zu ihren Beat-Kunden.

Dancehall-Wurzeln

Auf ihrer dritten Compilation konzentrieren sie sich allerdings auf ihre Dancehall-Wurzeln, um der Welt in Erinnerung zu rufen wie vielseitig und inspirierend jamaikanische Musik immer noch ist. So hören wir auf "Jugglerz Family" Artists, die tatsächlich seit Jahren Teil der Jugglerz-Welt sind, wie zum Beispiel Jamaikas Dancehall-Star Konshens der in "None A Dem" auf einem minimalen Riddim im 90s-Dancehallstyle auf die Tanzfläche lockt. Ein Highlight ist auch der Auftritt von Spice, der amtierenden Queen Of Dancehall, welche im schlüpfrigen "Sexercise" ihre körperlichen Vorzüge preist. Eine weitere starke Frau ist die Newcomerin Lanae, die in "Bounce Pan It" ihrem Boyfriend den Kopf verdreht.

Und dann ist da noch Chi Ching Ching. Die zwei Meter große Partymaschine stürmte unangekündigt um 10 Uhr Morgens die Unterkunft der Jugglerz in Kingston – im Schlepptau ein Haufen Kumpels, ein paar Flaschen Rum und genug Energie, um direkt drei Songs aufzunehmen. Aus der Session schaffte es "Kingston City" auf die Compilation, auf dem er sich von seiner sozialkritischen Seite zeigt: Er beschreibt den alltäglichen Überlebenskampf in der Karibik, Waffengewalt, die korrupte Polizei und wie die Leute trotz all dieser Probleme nie die Hoffnung verlieren. Denn Dancehall ist mehr als hedonistische Partymusik, sie ist ein ungefiltertes Sprachrohr der einfachen Leute.

Poor People Newspaper

Mehrere Songs auf "Jugglerz Family" behandeln ernste, tiefsinnige Gedanken. In "Change of Thoughts" singt Konshens mit Deutschlands Reggaestar Gentleman über Einigkeit, Loyalität und positives Handeln. Auf "Tall Shade" denken Ghanas Afrobeats-Star Mr Eazi und Global-Pop-Botschafter Patrice über den Umgang mit den Hatern nach. Und schließlich erforscht der Jamaikaner Jesse Royal zusammen mit dem Ghanaer Stonebwoy seine afrikanischen Roots in "Made in Africa".

Von Jamaika nach Afrika

Die Verbindung von Jamaika nach Afrika spielt ebenfalls eine prominente Rolle auf "Jugglerz Family". So singt der jamaikanischen Dancehall-Artist Demarco auf einem Instrumental im südafrikanischen Amapiano-Style über die Dinge, mit denen er im Leben gesegnet wurde. Der jamaikanische Producer Dre Island singt ein Duett mit dem Newcomer Zion DeLion aus Lagos und das Afrobeats-mäßige Instrumental zu Blvck H3ros "Low Key" war ursprünglich für Burna Boy gedacht.  

Dancehall International

"Jugglerz Family" zeigt auch Verbindungen zu anderen Genres, die von Dancehall inspiriert wurden: So arbeitet "Hard & Done" von Charly Black und Nyla mit einem geradlinigen Reggaeton-Rythmus, das Lied zielt ab auf das Publikum in Costa Rica, Puerto Rico oder Kolumbien, wo Dancehall-Reggaeton-Hybride sich großer Beliebtheit erfreuen. In "Fi Fun" hören wir das minimale Shatta-Genre aus Martinique und dazu kickt Jahyanai aus Französisch-Guyana Lyrics auf Kréyol und Patwa. "Jugglerz Family" klingt trotz des Fokus‘ auf Jamaika wie eine internationale Dancehall-Familienfeier, mit jamaikanischen Riddims als universale Party-Weltsprache.