Von schneebedeckten Skigebieten im Norden, über dicht bewachsene Wälder und Wüstenlandschaften, bis hin zu türkisblauen Stränden im Persischen Golf: Die Vielfalt der Natur in Iran ist akut bedroht. Klimawandel und Umweltverschmutzung hinterlassen ihre Spuren und zerstören die Tierwelt und Natur des Landes. Feuchtgebiete und Flüsse trocknen aus und begünstigen so verheerende Sandstürme wie beispielsweise 2014 in Teheran. Ausgetrocknete Böden erhöhen das Risiko für Bodensenkungen, also das plötzliche Absacken von Straßen. Einige Regionen des Landes haben akute Probleme mit der Wasserversorgung. Die Feinstaubbelastung in der 14-Millionen-Metropole Teheran liegt deutlich über den von der WHO empfohlenen Höchstwerte.
Im COSMO-Videopodcast „Iran im Herzen“ erzählt Regisseur und Künstler Ayat Najafi, wie er durch seine Familie in Isfahan die Auswirkungen des Klimawandels und der Misswirtschaft des iranischen Regimes mit eigenen Augen beobachten konnte. Durch Isfahan floss einst der wasserreichste Fluss Zentralirans. Doch seit einigen Jahren ist das Flussbett weitestgehend ausgetrocknet. Die berühmten Brücken der Stadt führen nun nicht mehr über den teils 150 Meter breiten Strom, sondern über karge, aufgeplatzte Erde. Das erstmalige Austrocknen des Flussbetts fällt in die Zeit, in der Najafi in der iranischen Bevölkerung ein wachsendes Umweltbewusstsein beobachtet.
Auch Irans Tierwelt leidet unter der mangelhaften Umwelt- und Klimapolitik der iranischen Regierung. Bekanntestes Beispiel: der vom Aussterben bedrohte asiatische Gepard. Diese Unterart ist mittlerweile nur noch in Iran zu finden. Besonders bedroht sind die Tiere durch Wilderei. Als im März 2023 das Gepardenjunge „Pirouz“ mit nur 10 Monaten verendet, werfen viele Iraner:innen der Regierung Inkompetenz vor.
Doch öffentliche Kritik am iranischen Regime – egal, wie explizit sie erfolgt – ist gefährlich. So wurde 2018 eine Gruppe von Umwelt- und Klimaaktivist:innen von der Persian Wildlife Heritage Foundation für ihr Engagement verhaftet. Die Gruppe befindet sich seitdem im Gefängnis. Ein inhaftiertes Mitglied der Gruppe wurde kurz nach der Festnahme tot aufgefunden. Seine Familie bestreitet die Angaben des Regimes, wonach es sich um einen Suizid gehandelt haben soll. Andere inhaftierte Personen berichten von körperlicher und psychischer Folter. Die Umwelt- und Klimaaktivist:innen hatten zum Erhalt des asiatischen Geparden geforscht und sich für den Schutz der Tiere eingesetzt. Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die für zwei der inhaftierten Umweltaktivist:innen die Patenschaft übernommen hat, erklärt in der aktuellen Folge vom COSMO-Videopodcast „Iran im Herzen“, wieso Umwelt- und Klimaaktivismus in Iran derart kriminalisiert wird:
Auch deshalb betont Neubauer, dass Klimaschutz und Menschenrechte nicht getrennt voneinander betrachtet werden können.
Luisa Neubauer wurde Anfang 2019 als eine der führenden Stimmen von Fridays for Future in Deutschland bekannt. Seitdem ist sie als Gesicht der deutschen Klimabewegung nicht wegzudenken. Neubauers Engagement begrenzt sich jedoch nicht nur auf den Klima- und Umweltschutz. So hat sie sich in der Vergangenheit mehrfach öffentlich zur Frau-Leben-Freiheit-Bewegung geäußert und sich mit den Menschen in Iran solidarisiert.
Denn für sie ist klar, dass Klimagerechtigkeit mit der Achtung von Menschenrechten einhergeht. Im September 2018 hat Neubauer die Patenschaft für Niloufar Bayani und Morad Tahbaz übernommen. Bayani und Tahbaz gehören zu einer Gruppe iranischer Umwelt- und Klimaaktivist:innen, die 2018 für ihr Engagement im Tierschutz inhaftiert wurden. Das Patenschaftsprogramm wurde von Fridays For Future in Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation Háwar Help ins Leben gerufen.
Ayat Najafi wurde in Teheran geboren. Heute lebt er in Berlin und arbeitet als Film- und Theaterregisseur, Autor und Multi-Media-Künstler. In seiner Arbeit befasst er sich mit politischen Fragen des Iran, darunter Geschlechtergerechtigkeit, Menschenrechte, aber auch Umweltpolitik. Letzteres bewegt ihn besonders, da er durch seine Familie in Isfahan die Problematik der Wasserknappheit seit Jahren beobachtet.
Najafi betont, dass sich viele Umweltproblematiken in Iran gegenseitig begünstigen. Deshalb sind auch Sandstürme ein Thema seiner künstlerischen Arbeit. Auslöser dafür war ein schwerer Sandsturm in Irans Hauptstadt Teheran, bei dem 2014 mehrere Menschen ums Leben kamen und zahlreiche Menschen verletzt wurden.