"Mein Name ist Nora Schramm. Ich bin Schriftstellerin und lebe in Köln. Auf meinem Nachtisch liegt "Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an" von Mely Kiyak. Das erzählt die Geschichte von einem Vater und seiner Tochter, das ist die Ich-Erzählerin. Sie bringen den Vater ins Krankenhaus. Eigentlich soll er nur für ein paar Tage da sein und dann wird Krebs diagnostiziert und es geht ganz schnell bergab mit seiner Gesundheit. Wir befinden uns in diesem Krankenhauskosmos und das wird parallel gesetzt mit Geschichten aus der Jugend des Vaters in der türkischen Provinz.
Ich hab das Buch mitgebracht, weil erstens die Sprache sehr mag. Es ist sehr eindringlich und sehr schlicht. Dadurch wird es sehr direkt. Ich finde das Mely Kiyak es sehr gut hinbekommt, die Alltäglichkeit von der Krebserkrankung darzustellen, weil es ist ja wirklich ein Alltag irgendwie, ständig haben Leute Krebs. Und das aber parallel zu setzen mit der Katastrophe, die das für das Individuum bedeutet und wie eben diese Katastrophe dann in einem System eingebunden ist und auch abgearbeitet wird.
Was ich daran auch sehr mag ist, dass der Bezug zwischen dieser Krankheit des Vaters und seiner Arbeit ganz klar hergestellt wird. Also das ist eine Familie, die für die Arbeit migriert ist, nach Deutschland gekommen ist. Und wie der Titel ja auch sagt, er dachte jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an. Jetzt kommt die Rente, jetzt kommt die Freiheit, jetzt kommt der Wohlstand. Das kommt aber nicht, weil er eben krank ist, weil er eben unfassbar viel gearbeitet hat. Ich finde es einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte, wo man ja von Dankbarkeit gegenüber Menschen, die für die Arbeit nach Deutschland kommen, wirklich nicht sprechen kann."
Aufgezeichnet von Amanda Andreas
Literaturangaben:
Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an
Hanser Verlag, 2024
224 Seiten, 23 Euro
Nora Schramm: Hohle Räume
Matthes & Seitz Berlin, 2024
237 Seiten, 22 Euro
Die nächsten Lesetermine von Nora Schramm:
- 11.06, 19.00 Uhr, Kulturfabrik Kalk, Köln
- 28.06. 19.30 Uhr, Köln Südstadt bei der zwischen/miete NRW, Tickets über Literaturhaus Köln
- 17.09., 18.00 Uhr, Zentralbibliothek Düsseldorf/Stadtfenster