Sie fährt Mitte August auf eine kleine karibische Insel, ins immergleiche Hotel, kauft Blumen, legt sie am Grab ihrer Mutter ab. Zurück im Hotel isst sie einen Schinken-Käsetoast und geht ins Bett. Aber an diesem einem 16. August ist alles anders als sonst. Ein Mann spricht sie an, sie verbringen die Nacht zusammen. Und alles, was bis dahin selbstverständlich in ihrem Leben schien, gerät in Schieflage. Fortan wird sie getrieben von einer unruhigen Sehnsucht, diese Nacht im August zu wiederholen.
Als Marquez vier Jahre vor seinem Tod die Arbeit an diesem Buch wieder aufnehmen wollte, war seine Demenz schon zu weit fortgeschritten. "Dieses Buch taugt nichts. Es muss vernichtet werden", sagte er seinen beiden Söhnen. Leichtfertig haben sie sich nicht über den Willen ihres Vaters hinweggesetzt. Aber sie hoffen, dass die Freude des Lesers diesen Verrat, wie sie es nennen, rechtfertigen möge. Und wenn es den Lesern gefällt, wird "Gabo", so nennen sie den verstorbenen Vater, ihnen womöglich verzeihen.
Eine Rezension von Christine Westermann
Literaturanagben:
Gabriel García Márquez: Wir sehen uns im August
Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz
Kiepenheuer & Witsch, 2024
144 Seiten, 23 Euro