29. Januar 1797 - Die Gelehrte Sibylle Mertens-Schaaffhausen wird geboren

Stand: 20.01.2022, 13:23 Uhr

Sibylle Schaaffhausen wird am 29. Januar 1797 in Köln geboren. Ihr Elternhaus steht gleich in Nähe des Doms, der seit dem Baustopp im frühen 16. Jahrhundert eine traurige Bauruine ist.

Sibylle wächst als Tochter des Kölner Bankiers und Kunstliebhabers Abraham Schaaffhausen in wohlhabenden Verhältnissen auf. Die Schaaffhausens gehören zu den einflussreichsten Familien der Stadt und sitzen seit drei Generationen im Kölner Rat.

Schon früh entwickelt Sibylle eine Liebe zur antiken Kunst und Literatur. Angeregt wird dies vom Kunstsammler Ferdinand Franz Wallraf, einem Freund ihres Vaters.

Gelehrte Sibylle Mertens-Schaaffhausen (Geburtstag 29.01.1797) WDR ZeitZeichen 29.01.2022 14:52 Min. Verfügbar bis 30.01.2099 WDR 5

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Unglücklich in der arrangierten Ehe

Ihre Mutter stirbt noch im Wochenbett kurz nach ihrer Geburt. Sibylle Schaaffhausen kennt deren "niedere Herkunft". Es hat ihr gesamtes Leben geprägt. So unterstützt die erklärte Demokratin die 1848 die Märzrevolution. Sibylle sieht sich selbst als eine Mischung aus Bauern- und "Republikanerblut". 1816 wird Sibylle durch ihren Vater mit dem 16 Jahre älteren Bonner Bankier Louis Mertens verheiratet. Ein Arrangement im Sinne der damaligen Zeit.

Verheiratet mit einem ungeliebten Mann und mit 31 Jahren Mutter von sechs Kindern, sucht die "Rheingräfin", wie sie von Freunden und Bewunderern genannt wird, Frauen als Gefährtinnen. Mit der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff verbindet sie eine enge Freundschaft. Zum Kreis gehört auch Ottilie von Goethe.

Eine ungehörige Liebe zwischen zwei Frauen

1828 trifft Sibylle Mertens-Schaaffhausen zum ersten Mal Adele Schopenhauer, die Schwester des Philosophen Arthur Schopenhauer. Beide Frauen sind sich sofort sympathisch. Fast 20 Jahre, mit Unterbrechungen, leben sie in einer Liebesbeziehung miteinander. Eine ungehörige Geschichte zweier Frauen inmitten der Goethezeit.

Intellektuelles Netzwerk quer durch Europa

Die Rheingräfin lässt sich durch mütterliche und eheliche Pflichten auch nicht von ihren intellektuellen Leidenschaften ablenken. Ihr Netzwerk von kreativen und gelehrten Frauen dehnt sich über Italien bis nach Großbritannien aus. Sibylles andere große Liebe lebt in Genua - die italienische, demokratisch engagierte Adlige und Witwe Laurina Spinola.

Zusammenkünfte in exklusiven Salons

Die Archäologin ist fasziniert von der römischen Kolonialvergangenheit. Durch ihre Sammlungen und ihr Fachwissen, besonders auf dem Gebiet antiker Münzen und Gemmen, wird sie landesweit als angesehene Expertin gefeiert.

Auch im Musik- und Kulturbetrieb spielt sie als Mäzenin und Mitgestalterin eine führende Rolle. In ihren Salons in Bonn und Rom trifft sich die künstlerische und intellektuelle Elite - von dem Shakespeare-Übersetzer und Sanskritforscher August Wilhelm Schlegel über Künstler und Sammler wie Wilhelm Schadow und Sulpiz Boisserée bis hin zu Komponisten wie Johann Nepomuk Hummel und Sängerinnen wie Angelica Catalani.

Mitbegründerin des Kölner Dombau Vereins

1840 ergreift Sibylle Mertens-Schaaffhausen mit einer Reihe honoriger Kölner Bürger die Initiative zur Gründung des "Zentral-Dombau-Vereins zu Köln", der die Vollendung des Kölner Doms ermöglicht.

Der Nachlass von den Erben verscherbelt

Als Sibylle am 22. Oktober 1857 in Rom stirbt, kommen ihre reiche Kunst-Sammlung und archäologischen Funde sowie ihre wertvolle Bibliothek in Köln unter den Hammer und werden in alle Winde verstreut.

Damit löschen ihre Kinder die Erinnerung an die Rheingräfin und ihre einzigartige Leistung als anerkannte Gelehrte und Archäologin praktisch aus.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Melahat Simsek
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. Januar 2022 an Sibylle Mertens-Schaaffhausen. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 30.01.2022: Vor 140 Jahren: Geburt des 34. amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt.