Molly Ketell kommt aus den USA und hat Deutsch studiert. Als Stipendiatin lebt die 23-Jährige derzeit in Köln, lehrt Englisch an einem Gymnasium und nimmt viele Anregungen auf, die sie gern in ihrer Heimat umsetzen würde. Die Kölnerin Juliane Kronen konnte mit einem Stipendium in Amerika studieren. Heute leitet sie in ihrer Geburtsstadt eine gemeinnützige Organisation und sitzt im Komitee des alternativen Nobelpreises. Zwei unterschiedliche Lebenswege, die eines verbindet: Beide Frauen sagen dankbar: "Ich bin ein Fulbrighter."
Die Welt jenseits des eigenen Horizonts erleben, voneinander lernen und durch Respekt zur Völkerverständigung beitragen, das ist William Fulbrights Vision: "Wenn überhaupt eine Chance besteht, den Drang zu Feindseligkeit und Krieg zu verhindern, dann nur, indem man Menschen zusammenbringt." Deshalb initiiert der US-Senator des Staates Arkansas 1946 ein internationales Stipendienprogramm, das jungen Menschen ermöglicht, für mindestens ein Jahr im Ausland zu leben, zu lernen und Verbindungen zu knüpfen.
Ein liberaler Patriot
20 Jahre nach William Fulbrights Tod haben 310.000 Studenten und Akademiker weltweit von dem Austauschprogramm, das seinen Namen trägt, profitiert. Wie sehr Reisen die eigene Weltsicht verändert, hat Fulbright in seiner Jugend selbst erfahren. Als Sohn aus vermögender Familie, 1905 in Missouri geboren, studiert er im englischen Oxford Politik und Geschichte und bereist anschließend ganz Europa. In Frankreich entdeckt er Jean Jaurès und Aristide Briant als seine politischen Vorbilder. Nach der Rückkehr absolviert Fulbright in Washington noch ein Jura-Studium und startet 1934 seine Karriere als Anwalt im Justizministerium.
Als Politiker wird William Fulbright, was seit der Bush-Ära ein Widerspruch in sich zu sein scheint: ein durch und durch liberaler Patriot: Für ihn ist Kritik die Essenz der Demokratie, das interventionsfreudige Großmachtgebahren seines Landes dagegen ist ihm äußerst suspekt. "Die Möglichkeiten zu zerstören sind fast grenzenlos. Deshalb müssen wir einen ganz neuen Ansatz finden", fordert Fulbright als demokratischer Kongressabgeordneter nach den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Der innerste Kreis der Macht bleibt dem Querdenker verwehrt, doch als Senator von Arkansas und ab 1959 als Vorsitzender des einflussreichen außenpolitischen Ausschusses steht Fulbright im Mittelpunkt aller großen Konflikte seiner Zeit.
Abrechnung mit der "Arroganz der Macht"
Im Streit um die Rassenintegration bleibt Fulbright allerdings lange seiner reaktionären Südstaatenherkunft verbunden. Doch er ist der einzige Senator, der es wagt, dem fanatischen Kommunisten-Jäger McCarthy Einhalt zu gebieten. Als Präsident Lyndon B. Johnson die USA 1964 tief in den Vietnamkrieg verstrickt, findet er im Parteifreund Fulbright seinen ärgsten Widersacher. Der Chef des außenpolitischen Ausschusses veranstaltet landesweit im Fernsehen übertragene Hearings, die entscheidend zur Ablehnung des Krieges in der amerikanischen Öffentlichkeit beitragen. In seinem Buch "Die Arroganz der Macht" rechnet Fulbright 1967 radikal mit den Hegemoniegelüsten der Eliten im Weißen Haus ab.
Vierzehn Jahre, länger als jeder andere, steht William Fulbright an der Spitze des Außenausschusses. Nach seiner Abwahl als Senator 1974 arbeitet er als Anwalt und Unternehmensberater, bleibt aber ein kritischer Beobachter der US-Politik, getreu seinem Credo: "Wir müssen uns trauen, undenkbare Gedanken zu denken". Zwei Jahre vor Fulbrights Tod am 9. Februar 1995 verleiht Präsident Bill Clinton dem 88-Jährigen die Freiheitsmedaille, Amerikas höchsten zivilen Orden.
Stand: 09.02.2015
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