"El Draque" nennen die Spanier den Mann, von dessen Existenz König Philipp II. um 1570 erstmals erfährt. Immer wieder überfällt der gefürchtete englische Pirat spanische Schiffe, die die Schätze der überseeischen Kolonien nach Europa schaffen. El Draques Raubzüge kosten Philipp II. nicht nur hunderte Tonnen an Gold, Silber und Edelsteinen. Binnen zwei Jahrzehnten wird der lästige Feind auf See entscheidend zum Ende von Spaniens Herrschaft über die Meere beitragen.
Francis Drake, der um 1540 geborene Sohn protestantischer Bauern, hat sich vom Schiffsjungen zum fähigen Navigator und gewieften Offizier hochgedient. Im englischen Sklavenhandel mit den amerikanischen Besitzungen erwirbt sich der breitschultrige, muskulöse Seefahrer mit den stechenden blauen Augen erste große Verdienste für die Krone. Ausgestattet mit Kaperbriefen von Königin Elizabeth macht Drake von 1566 an Jagd auf die Schiffe der spanischen Silberflotte und ihre Häfen.
Reiche Beute im Pazifik
1568 entkommt Francis Drake nur knapp einem vernichtenden Gefecht mit der Silberflotte. In seinem Hass auf das katholische Spanien befeuert, führt der radikal puritanische Freibeuter nun auf dem Meer einen unerbittlichen Privatkrieg gegen Spaniens König. 1573 aber verbessern sich Englands Beziehungen zu Philipp II. und Drake muss seine Kaperfahrten einstellen. In dieser Zeit verfolgt er einen für die englische Admiralität ungeheuren Plan: In den Pazifik vorzudringen, wo Spaniens Flotten bislang ungestört kreuzen können. Schließlich gelingt es ihm, den mächtigen Staatsminister Walsingham von seinem Vorhaben zu überzeugen.
Mit fünf Schiffen sticht Francis Drake im Dezember 1577 in Plymouth zu einer der bedeutendsten Expeditionen der englischen Geschichte südwärts in See. Zwei Segler verliert er bereits bei der Atlantiküberfahrt. In der Meeresstraße im Süden Feuerlands, die Ferdinand Magellan ein halbes Jahrhundert zuvor entdeckt hat, gerät Drake in schwere Unwetter. Nach 50 Tagen ist nur sein Flaggschiff, die "Golden Hinde", noch übrig. Als wahrscheinlich erster Seefahrer steuert Drake um Kap Hoorn herum und geht auf Nordkurs. Dort bringen spanische Galeonen wie am Fließband Gold und Silber von Peru nach Panama. Sie fahren ohne Geleitschutz, was Drake zu zahlreichen Kaper-Attacken nutzt. Allein von der legendären "Cacafuogos" holt er 28 Tonnen Silber – mehr als je ein Freibeuter zuvor.
Dem König den Bart versengt
Der Versuch, die Heimreise nordwärts durch die mythenumwobene Nordwest-Passage anzutreten, scheitert. Vermutlich segelt Drake bis zur Höhe von Vancouver, weiter als jeder andere Europäer. Dann zwingt ihn die schneidende Kälte zurück in den Pazifik. Nach einem Zwischenstopp unweit des heutigen San Francisco, wo er das Land als "Nova Albion" für England in Besitz nimmt, segelt Drake mit Hilfe erbeuteter spanischer Karten in 68 Tagen zu den Molukken, wo er Kurs auf Afrika nimmt. Doch bei Java läuft die "Golden Hinde" auf ein Riff. Drake lässt einen Teil seiner wertvollen Fracht über Bord werfen und kommt wieder frei.
Die restliche Reise verläuft ohne Probleme. Nach 1.018 Tagen, am 26. September 1580, erreicht die "Golden Hinde" wieder den Hafen von Plymouth. Damit hat Francis Drake als erster Engländer die Welt umsegelt und die Hegemonie Spaniens im Pazifik durchbrochen. Seine Beute bringt den Investoren der Reise ein ungeheures Vermögen ein. Königin Elizabeth kann auf einen Schlag sämtliche Staatsschulden zurückzahlen und vom Überschuss eine schlagkräftige Flotte aufbauen. Zum Ritter geschlagen, ist Sir Francis Drake 1588 als Vizeadmiral maßgeblich an der Vernichtung der spanischen Armada beteiligt. "Ich habe dem spanischen König den Bart versengt", notiert der Seefahrer, dessen Taten den Aufstieg Großbritanniens zum Weltreich einleiten.
Stand: 26.09.2015
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