Früher gab es Stadtpläne und Phantasie. Heute genügt ein Klick auf Google Street View. Mit fotografierten Rundumansichten von Straßenzügen führt uns der Internetdienst klar vor Augen, was uns vor Ort erwartet: inklusive Routenplanung. Zuminderst gilt das für einen Gutteil dieser Welt.
Am 2. November 2010 stellt die Suchmaschine erstmals auch deutsche Orte auf Google Street View ins Netz. Unvollständig – erzwungenermaßen.
Technik aus dem Breisgau
Bis die Kartenansicht im Internet erscheinen kann, ist es ein langer Weg. Straßenzug um Straßenzug muss Google die Welt mit Aufnahmegeräten vermessen, die, mittels einer teils drei Meter hohen Stange auf die Dächer von Autos montiert, um die Häuser ziehen. Dabei sind neun Kameras mit drei Lasermessgeräten synchron geschaltet, die nicht in den USA, sondern von einer Firma im Breisgau entwickelt worden sind.
Die von den Lasern ausgesandten und zurückgeworfenen Infrarotstrahlen liefern jene Datenmengen, auf denen der dreidimensionale Eindruck von Google Street View basiert. Aber zuvor müssen die Datenwolken noch mit anderen Daten und Fotos aufwändig verknüpft werden, um vom System als farbige Straßen, Häuser oder Autos interpretiert zu werden.
Das Stadtarchiv bleibt stehen
Die Vermessungsleistung von Google Street View ist eine technische Pioniertat. Bei der Deutschlandpremiere des Angebots interessiert sich dafür aber niemand. Vielmehr stehen Datenschutzfragen im Fokus des öffentlichen Interesses. Nicht alle Bürger sind begeistert, dass ihr Haus für jeden im Internet zu sehen ist. Manche menschen fürchten auch, nun ein leichteres Ziel für Diebe und Einbrecher zu sein. Rund 244.000 Menschen legen gegen die digitale Sichtbarmachung ihres realen Besitzstands Einspruch ein. Google muss die Gebäude-Bilder entsprechend verpixeln.
Aber das reicht vielen Datenschützern nicht. Wegen des hohen Widerstands beschließt Google schließlich, nur die 20 größten deutschen Städte sowie das Pilotprojektdorf Oberstaufen für Google Street View zu kartieren. Der Rest bleibt Terra incognita. Damit ist Deutschland in etwa so gut abgebildet wie Serbien, die Ukraine oder Madagaskar.
Überhaupt ist die Reise durch Deutschland via Google Street View wegen der hohen Datenschutzbestimmungen eine Reise in die Vergangenheit. In Köln zum Beispiel steht nach wie vor das 2009 eingestürzte Stadtarchiv.
Stand: 02.11.2015
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.